Autor: Leander Bretschger

Banken warnen Verbraucher vor Fehleinschätzungen über Baugeld

Wer ein Eigenheim erwerben will, ohne das Geld dafür zu haben, erlebt derzeit – 2014 – einen Stimmungsumschwung der Finanzinstitute. Die Darlehenszinsen liegen zwar auf einem Rekordtief, doch davon können Verbraucher nicht profitieren. Die Immobilienbranche ist aktuell nicht in der Lage, sich durch Bankenkredite ohne weiteres finanzieren zu können, wie dies jahrelang zuvor der Fall war. Der Grund: Banken überprüfen die Kreditantragsteller mit einer nie gekannten Gründlichkeit. Dies geschieht vor allem gerade wegen der niedrigen Hypothekenzinsen – deshalb mögen Kunden meinen, es sei besonders preiswert, einen Kredit aufzunehmen. Dieser jedoch ist – wie sonst auch – auf 20 bis 30 Jahre angelegt und die wirtschaftliche Situation eines Antragstellers ist nicht im Einzelnen auf Jahrzehnte hinaus absehbar. Die ING Diba ist in Deutschland schwerpunktmäßig für den darlehensfinanzierten Immobilienerwerb zuständig. Die Bank hat begonnen, sich mit Kreditvergaben stark zurückzuhalten. Es werden Kundenbonitäten detailliert überprüft und Objektbewertungen vorgenommen und in ländlichen Gebieten nur noch selten Darlehen vergeben. Dies betrifft auch andere unattraktive Umgebungen für Immobilien – insbesondere solche, bei denen sich aller Wahrscheinlichkeit nach Leerstände ergeben könnten.

Viele Antragsteller für ein Darlehen bekommen entweder überhaupt keinen Kredit oder müssen Risikoaufschläge zahlen. Hier kann es sich schon um 0,5 Prozentpunkte mehr handeln, als die Banken in ihrer Werbung versprechen. Bereits ein geringeres Eigenkapital kann zu solchen Risikoaufschlägen führen. Dies kann der Fall sein, wenn ein Kreditgeber 20 Prozent der Darlehenssumme als Eigenkapital erwartet, jedoch der Kreditnehmer nur 10 Prozent vorweisen kann. Noch vor wenigen Jahren wurden Risikoaufschläge von nur 0,1 Prozent gewährt. Jedoch bereits seit 2013 binden sich Banken an einen höheren Sicherheitsgrad – dies schlägt sich in den Beleihungsgrenzen nieder. Die Firma Europace führte eine Studie mit dem Ergebnis durch, dass Banken im September 2013 durchschnittlich nur noch 76,9 Prozent des Kaufpreises finanzierten; ein Prozent weniger als im September 2012. Ein Prozent bedeutet für das Marktgesamtvolumen einen Wert von 820 Millionen Euro – eine hohe Ersparnis für die Finanzinstitute. Auch Banken wollen nicht wieder in die Lage kommen, selbst Kredite (etwa von der EZB) aufnehmen zu müssen. Wie bei anderen Kreditnehmern auch liegt hier die Gefahr verborgen, dass sich Kreditrückzahlungen unvorhersehbar entwickeln.

Banken begründen ihr Verhalten mit zwei erheblichen Risikofaktoren. Einerseits stiegen die Immobilienpreise innerhalb der letzten fünf Jahre um durchschnittlich 20 Prozent, so stellt der Verband deutscher Pfandbriefbanken fest. Dieser Durchschnitt wird gerade in Ballungsgebieten stark übertroffen.

Doch die Firma Empirica (ein Beratungsunternehmen) beurteilt diese Preissteigerungen höchst kritisch und gibt an, dass Geschosswohnungen in Ballungszentren um ein Fünftel ihres tatsächlichen Preises überbewertet werden. Sollte ein Kreditnehmer eine solche Wohnung mit 20 Prozent an Eigenkapital erwerben wollen, drohen den Finanzinstituten Verluste, sollte es durch Kreditratenausfälle zu Zwangsversteigerungen kommen. Dies geschah in der Vergangenheit immer öfter – und genau aus diesem Grund entstand die Finanzkrise im Jahre 2008. Zahlreiche Kredite wurden an Antragsteller ohne jede Bonitätsprüfung vergeben, sodass die betreffenden Immobilien in absehbarer Zeit der Zwangsvollstreckung zum Opfer fielen.

Anschlusskredite bergen höhere Kosten
Wer heute einen Hypothekenkredit nach strenger Bonitätsprüfung aufnehmen kann, zahlt geringe Zinsen. Doch soll ein Anschlusskredit zehn Jahre später folgen, sind für diesen weit höhere Kosten zu erwarten. Aktuell werden 3 Prozent an Darlehenszinsen berechnet, ein Jahrzehnt später können dies bereits wieder 6 Prozent sein. Die Sparda-Bank in Berlin sieht dies gerade bei eigengenutzten Wohnimmobilien, ihrem hauptsächlichen Aufgabenbereich, als zukünftiges Problem. Denn in der Bundeshauptstadt werden derzeit viele Immobilienkredite vergeben. Die Sparda-Bank fordert von ihren Kreditnehmern höhere Tilgungsraten denn je. So kann den Problemen der preislichen Überbewertung sowie der zukünftigen Anschlussfinanzierung entgegengewirkt werden. Kreditnehmer müssen nicht nur Zinsen in Höhe von drei Prozent aufbringen, sondern auch Tilgungsraten, die einen ähnlichen Zinsanteil ausmachen. Dies jedoch ist nur finanziell flexiblen Kunden vorbehalten – Antragsteller mit finanziellen Problemstellungen können nicht mehr berücksichtigt werden. Für viele Kunden, die gerade in Immobilien der Hauptstadt investieren wollen, gelten erhöhte Kreditfähigkeits- und –würdigkeitskriterien. Mit der Politik der höheren Tilgungsraten bereitet die Sparda-Bank ihre Kunden bereits darauf vor, dass diese ein Anschlussdarlehen nur mit doppelter Verzinsung erwarten können. Ein Kredit mit zehnjähriger Laufzeit kann nicht mehr mit Tilgungsraten vergeben werden, die nur ein Prozent der Kreditsumme ausmachen.

Die Höhe der Tilgungsraten soll nicht zu Kreditausfällen führen
Banken mindern auf diese Weise vor allem ihre eigenen Risiken des Bankrotts, der Überschuldung und der Gefahr von platzenden Kreditblasen. Als Nebeneffekt wird die Idee unter den Immobilienkunden gebremst, ohne eigenes Geld einkaufen zu wollen. Grundsätzlich ist bei jedem Immobiliendarlehen die Gefahr gegeben, dass der Kreditnehmer dieses letztlich niemals zurückzahlt, weil er zukünftige Entwicklungen der eigenen finanziellen Lage nicht vorhersehen kann bzw. weil Kreditgeber und Kreditnehmer falsche Prognosen treffen. Verbraucherzentralen verweisen auf monatelang vorausgebuchte Beratungsgespräche genau zu diesem Thema. Diese beinhalten generell den Ratschlag, dass Verbraucher nur dann einen Immobilienkredit aufnehmen sollten, wenn sie Tilgungsraten in einer Höhe von mindestens zwei Prozent der Kreditsumme über einen langen Zeitraum hinweg zuverlässig tragen können. Anders gesagt: Nur Verbraucher mit einem erheblichen Eigenkapitalsanteil könnten mit einem Immobiliendarlehen gut beraten sein, so dass im Notfall Kreditraten oder eine vorzeitige Kreditablösung durch Reserven aus dem eigenen Vermögen möglich sind. Nur mit den Angaben über hohe Zinssätze verlaufen Verkaufs- und Beratungsgespräche bei der ING Diba. Diese vergibt durchschnittliche Tilgungsraten in Höhe von 3,1 Prozent – 2012 waren dies noch 2,7 Prozent. Antragsteller, die nur mit einem Prozent tilgen wollen, müssen erhebliche Sicherheiten vorlegen – oder eine Versicherung bzw. einen Bausparvertrag abschließen. Sonst überprüfen die Banken nur die Wirtschaftskraft der Verbraucher auf eine zuverlässig voraussehbare Tilgung in Höhe von zwei Prozent.

Wie geht es 2014 weiter?
Im Laufe des Jahres 2014 könnten Hypothekenzinsen ansteigen. Dies können Verbraucher stets aktuell auf der Seite http://www.hypothekenzinsen.net abfragen. Dort werden die jeweils gültigen Zinssätze tagesgenau angezeigt. Zuverlässige Voraussagen über wirtschaftliche Entwicklungen lassen sich kaum treffen. Der europäische Leitzins wird durch finanzielle Prozesse in allen EU-Mitgliedsstaaten beeinflusst – auch in denen, die wirtschaftsschwächer sind und deren Situation nicht stabil ist. Je höher sich ein Inflationsgrad entwickelt, desto höher steigt der Leitzins – und mit ihm die Hypothekenzinsen. Zinsbindungen von 15 oder 20 Jahren klingen zwar attraktiv, sind jedoch mit ebenso langen Kreditlaufzeiten verbunden und deshalb gefährlich. Zehnjährige Zinsbindungen werden kaum noch vergeben, eine durchschnittliche Kreditvergabe liegt nach einer erfolgreichen Bonitätsprüfung bei 15 Jahren.