Patienten akzeptieren Hausarzt als „Lotsen“

Die Mehrheit der Deutschen ist bereit, den Hausarzt als erste Anlaufstelle bei Krankheiten zu akzeptieren – und Fachärzte erst nach einer Überweisung aufzusuchen. Besonders in einkommensschwächeren Schichten ist die Bereitschaft hoch, bei Krankheiten den Umweg über den Hausarzt zu nehmen oder andere Auflagen der Krankenkassen zu erfüllen.

Ob Hautarzt, Orthopäde oder Hals-Nasen-Ohren-Arzt: Die Patienten entschieden bislang zumeist eigenständig, welcher Facharzt für ihre Beschwerden der richtige ist. Das soll nun anders werden: Der Hausarzt wird künftig die erste Anlaufstelle für Patienten, so dass unnötige kostenintensive Facharztbehandlungen möglichst vermieden werden. Zu diesem Ergebnis kommt das „Branchenbarometer Krankenversicherungen“, eine aktuelle Studie von Allianz Private Krankenversicherung, F.A.Z.-Institut und Mummert Consulting auf Basis einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts forsa.

Die Einführung der Praxisgebühr Anfang 2004 war der erste Schritt, den Hausarzt wieder in den Mittelpunkt der Behandlung zu rücken. Konkret akzeptieren in der Gruppe mit einem monatlichen Nettoeinkommen von bis zu 2.000 Euro mehr als drei Viertel der Versicherten den Hausarzt als „Gatekeeper“ – bei einem Verdienst von mehr als 3.000 Euro im Monat ist es dagegen nur noch gut die Hälfte.

Mit 72 Prozent aller Befragten erklären sich darüber hinaus weit mehr Versicherte als landläufig vermutet einverstanden, einen Teil der Kosten für Medikamente selbst zu tragen. Fast genauso viele können sich eine Selbstbeteiligung an einzelnen allgemeinen medizinischen Leistungen vorstellen. Auch Auflagen der Krankenversicherungen stoßen auf weit weniger Ablehnung, als es den Anschein hat. So sind im Schnitt aller Befragten sieben von zehn Bürgern bereit, bei Krankheiten zunächst den Hausarzt um Rat zu fragen, statt direkt den Facharzt aufzusuchen.

Bei Versicherten mit einem Einkommen von mehr als 3.500 Euro sind es nur noch 57 Prozent. Immerhin ein gutes Drittel sähe es ein, sich prinzipiell an allen medizinischen Leistungen mit einem Anteil aus eigener Tasche zu beteiligen, um im Gegenzug von sinkenden oder zumindest stabilen Krankenkassen beiträgen zu profitieren. 85 Prozent aller Befragten sind ferner bereit, regelmäßig an Präventions- und gesundheitsfördernden Maßnahmen teilzunehmen. Auch hier liegt die Quote der Zustimmung unter Geringverdienern mit 90 Prozent höher als im allgemeinen Durchschnitt.

Die Studie belegt zudem einen klaren Unterschied zwischen Ost und West: In den alten Ländern ist der Anteil derer, die eine Selbstbeteiligung an Arzneimittelkosten akzeptieren, mit 74 Prozent weit größer als in den neuen Ländern. Dort sind nur 65 Prozent damit einverstanden.

Basis des „Branchenbarometers Krankenversicherungen“ ist eine Befragung vom Oktober und November 2003 durch das Meinungsforschungsinstitut forsa. Darin äußerten sich 100 Top-Entscheider bei Leistungserbringern, Kostenträgern und Großunternehmen. Sie setzten sich aus 30 Ärzten und Klinikmanagern sowie aus Spitzenkräften von 30 Krankenkassen und Krankenversicherungen sowie von 40 Großunternehmen zusammen. Die gleichen Fragen beantworteten elf Mittler aus Parteien und Verbänden der Leistungserbringer, Kostenträger und Patienten. In einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung im Oktober 2003 hat forsa außerdem 512 Bürger ab 16 Jahren telefonisch zur Gesundheitsversorgung und zu Reformen im Gesundheitswesen interviewt.

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