IGeL-Markt wächst weiter – Initiative kommt meist vom Arzt

Nach einer aktuellen Umfrage unter gesetzlich Krankenversicherten haben mehr als ein Viertel (26,7 %) der gesetzlich krankenversicherten Patienten im letzten Jahr ärztliche Zusatzleistungen gegen Rechnung angeboten bekommen.

Der Selbstzahlermarkt ist damit im Vergleich zu den Vorjahren weiter gewachsen. Nach Angaben der Patienten geht die Initiative zu individuellen Gesundheitsleistungen dabei meist vom Arzt aus (67,1 %), nur ein Drittel der Betroffenen (32,4 %) gibt an, von sich aus nach Selbstzahlerleistungen gefragt zu haben.

Die Versicherten zeigen sich angesichts der Vermarktung privater Zusatzleistungen in der Arztpraxis nach wie vor verunsichert – zumal bei der Mehrheit der privaten Zusatzleistungen (62,2 %) die erforderliche schriftliche Vereinbarung zwischen Arzt und Patient vor der Behandlung unterblieb.
Jede sechste erbrachte Leistung (15,9 %) erfolgte ohne Rechnung. Dies sind Ergebnisse einer aktuellen Analyse zur Entwicklung im IGeL-Markt. Sie basiert auf einer bundesweiten telefonischen Befragung von 3.000 gesetzlich Krankenversicherten im Zeitraum Juni-Juli 2008.
Jeder vierte GKV-Versicherte (26,7 %) hat im Laufe der letzten zwölf Monate in einer Arztpraxis sog. „Individuelle Gesundheitsleistungen“ angeboten bzw. in Rechnung gestellt bekommen (zahnärztliche Leistungen ausgenommen). Die aktuellen Zahlen, so WIdOGeschäftsführer Jürgen Klauber, sind im Vergleich zum Vorjahr erneut leicht gestiegen. Insgesamt werde mit IGeL – hochgerechnet – aktuell ein Umsatz von rund einer Milliarde Euro erzielt.
Die Initiative zu privaten Zusatzleistungen geht meist vom behandelnden Arzt aus: Die Frage „Haben Sie von sich aus nach dieser Leistung gefragt?“ wird mehrheitlich von den Patienten verneint. Vielmehr werden die am häufigsten genannten, privat zu bezahlenden Leistungen wie Ultraschalluntersuchungen (19,1 %), Augeninnendruckmessungen (12,7 %) und ergänzende Krebsfrüherkennungsuntersuchungen bei Frauen (12,1 %), aber auch Knochendichtemessungen und Laborleistungen nach Angaben der Patienten meist aktiv vom Arzt angeboten.
Nur ein Drittel (32,4 %) der Versicherten gibt an, private Zusatzleistungen nachgefragt zu haben. Hier sind im letzten Jahr v.a. kosmetische Leistungen und Hautkrebsvorsorgeuntersuchungen von Interesse gewesen.

Fachärzte machen insgesamt deutlich mehr private Leistungsangebote als Allgemeinmediziner. Am häufigsten haben Gynäkologen und Hautärzte IGeL-Leistungen angeboten. An dritter Stelle werden die Augenärzte genannt, gefolgt von Orthopäden und Urologen.

Die Befragungsergebnisse dokumentieren zudem erneut, dass die Erbringung von IGeLLeistungen nicht immer rechtlich korrekt erfolgt. In nur 36,4 % der genannten Fälle wurde vor der Behandlung eine schriftliche Vereinbarung zwischen Arzt und Patient getroffen. Für jede sechste erbrachte IGeL-Leistung (15,9 %) wurde in der Arztpraxis keine Rechnung ausgestellt.
Wie auch in den früheren Untersuchungen festgestellt zeigt sich eine deutliche soziale Differenzierung beim Angebot von IGeL: Patienten mit überdurchschnittlicher Bildung und höherem Einkommen bekommen IGeL deutlich häufiger angeboten als andere. So bekam in den unteren Einkommensgruppen (bis 1.000 Euro Haushaltsnettoeinkommen) nur etwa jeder Fünfte Privatleistungen vorgeschlagen (18,7 %), während in den höheren Einkommensgruppen (über 4.000 Euro Haushaltsnettoeinkommen) mehr als ein Drittel der Befragten (39,1 %) über ein individuelles Angebot ihres behandelnden Arztes berichtet.

Patienten mit hoher Schulbildung werden nahezu doppelt so häufig private Zusatzleistungen angeboten (32,4 %) wie Patienten mit einfacher Schulbildung (17,8 %). Viele Versicherte stehen IGeL nach wie vor skeptisch gegenüber. Rund 40 Prozent der Befragten denken, dass das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient durch das Angebot zusätzlicher Privatleistungen beeinflusst wird. Dieser Personenkreis befürchtet im Regelfall, dass durch IGeL-Angebote die Arzt-Patienten-Beziehung verschlechtert wird.
„Das Verhältnis zwischen Arzt und Patient leidet offenbar durch das Spannungsfeld „IGeL“, die Patienten sind durch die privaten Zusatzangebote irritiert“ sagt Studienleiter Klaus Zok. Versicherte und Patienten, die sich verunsichert fühlen, sollten sich nach einem IGeLAngebot in der Arztpraxis beraten lassen. Krankenkassen und Verbraucherzentralen bieten hier Unterstützung an.

Pressemitteilung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO)

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