Verbraucherzentrale NRW informiert über Gesundheitsfonds

Mit der Einführung des so genannten "Gesundheitsfonds" wird die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ab dem 01.01.2009 neu organisiert. Bislang kann jede Krankenkasse die Höhe des Beitragssatzes selbst festlegen.

Künftig schreibt die Bundesregierung einen einheitlichen Beitragssatz für die derzeit über 200 gesetzlichen Krankenkassen vor. Ab Januar 2009 zahlen alle gesetzlich Versicherten aus diesem Grund den gleichen prozentualen Beitrag, nämlich 15,5 Prozent des Bruttogehalts, für ihre Krankenversicherung.

Wie bisher zahlen die Versicherten 0,9 Prozent allein. Vom Rest trägt der Arbeitgeber die Hälfte. Das Geld fließt dann in eine zentrale Geldsammelstelle, den Gesundheitsfonds. Aus diesem Topf erhalten die gesetzlichen Krankenkassen für jeden ihrer Versicherten eine feste einheitliche Pauschale zugewiesen.

Außerdem wurde ein komplizierter Verteilungsschlüssel entwickelt, durch den die Krankenkassen für kranke Versicherte mehr Geld bekommen sollen als für gesunde.

Insgesamt wurden 80 Krankheiten festgelegt, für die es Zuschläge zur Pauschale gibt. Weitere Zu- und Abschläge hängen vom Alter und Geschlecht der Versicherten ab. Man spricht hierbei vom so genannten morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich (kurz Morbi-RSA).

Zusatzbeitrag oder Prämie möglich

Reicht das über den Gesundheitsfonds zugewiesene Geld nicht aus, kann die Kasse von ihren Mitgliedern einen Zusatzbeitrag erheben. Diesen muss der Versicherte allein übernehmen, der Arbeitgeber beteiligt sich hieran nicht.

Es gibt eine "Überforderungsklausel", um die finanzielle Belastung der Versicherten zu begrenzen. Sie besagt, dass der eingezogene Betrag ein Prozent des beitragspflichtigen Einkommens des Versi-cherten nicht übersteigen darf.

Allerdings kann die jeweilige Krankenkasse einen Pauschalbetrag von bis zu acht Euro pro Monat ohne Einkommensprüfung einziehen. In solchen Fällen werden insbesondere Versicherte mit einem sehr geringen Einkommen prozentual höher belastet.

Erzielen die Kassen dagegen einen Überschuss, können sie auch ihren Versicherten eine Prämie auszahlen. Die Entscheidung über Höhe und Zeitpunkt der Ausschüttung, zum Beispiel monatlich oder jährlich, bleibt allein der Kasse überlassen.

Sonderkündigungsrecht bei Erhebung eines Zusatzbeitrages

Erhebt eine Krankenkasse erstmals einen Zusatzbeitrag oder erhöht diesen, haben alle Mitglieder dieser Krankenkasse ein Sonderkündigungsrecht.

Normalerweis können sie weiterhin erst nach einer 18-monatigen Mitgliedschaft wechseln. Ein Wechsel zu einer anderen Krankenkasse ist auch dann möglich, wenn die Prämienausschüttung reduziert wird oder ganz wegfällt. Dann ist eine zweimonatige Kündigungsfrist zu beachten.

Die Kassen müssen ihre Versicherten zudem zukünftig spätestens einen Monat vor der Erhebung des Zusatzbeitrages oder der Reduzierung der Prämie auf ihr Sonderkündigungsrecht schriftlich hinweisen. Sie dürfen den Zusatzbeitrag erst erheben, wenn sie den Versicherten darauf hingewiesen haben.

Für Mitglieder, die ihre Kasse fristgerecht kündigen, entfällt der Zusatzbeitrag.

Folgen des Gesundheitsfonds für Versicherte

Durch die Einführung des einheitlichen Beitragssatzes werden die Kassen, die derzeit einen unterdurchschnittlichen Beitragssatz erheben, zum 01.01.2009 teilweise erheblich teurer.

Die finanziellen monatlichen Belastungen der Versicherten steigen dadurch auf jeden Fall. Allerdings berechtigen mit der Einführung des Gesundheitsfonds verbundenen Beitragssatzerhöhungen nicht zu einer Sonderkündigung, da sie durch eine Gesetzesänderung zustande kommen.

Bei einzelnen Krankenkassen mit einem derzeit sehr hohen Beitragssatz kann natürlich auch zu der umgekehrte Effekt eintreten. Das Gesundheitsministerium gibt die exakte Beitragshöhe jährlich im November bekannt. In diesem Jahr erfolgte die Bekanntgabe bereits Anfang Oktober.

Der gesetzlich festgelegte Leistungskatalog der Krankenkassen wird sich durch die Einführung des Gesundheitsfonds nichts ändern.

Es wird aber auch in Zukunft erhebliche Unterschiede bei der Beratungs- und Servicequalität – etwa hinsichtlich der Geschäftsstellen vor Ort – und bei den freiwilligen Leistungen der Krankenkassen geben.

Bei der Wahl seiner Krankenkasse sollten Sie diese Punkte neben der reinen Kostenfrage im Vorfeld unbedingt abgeklären und eine Entscheidung nach Ihren individuellen Bedürfnissen und Vorstellungen treffen.

Wahltarife

Die gesetzlichen Kassen haben im Rahmen des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) erstmals auch zahlreiche neue Möglichkeiten erhalten, ihren Versicherten deutlich voneinander abweichende differenzierte Tarifangebote zu unterbreiten.

Sie können so genannte Wahltarife anbieten, bei deren Gestaltung sie einen weiten Spielraum haben, beispielsweise für Hausarztmodelle oder strukturierte Behandlungsprogramme für chronisch Kranke.

Daneben können sie auch freiwillige Wahltarife anbieten wie Beitragsrückvergütungen für die Nichtinanspruchnahme von Leistungen oder Selbstbehalttarife. Es ist zu erwarten, dass diese Angebote im Jahr 2009 noch erheblich ausgeweitet werden, da sich die Kassen davon einen Wettbewerbsvorteil versprechen.

Bei einer Zahl von über 200 Krankenkassen besteht dadurch zunehmend die Gefahr, dass der einzelne Versicherte den Überblick verliert. Die Wahl derartiger Angebote sollte deshalb gut überlegt sein und an den individuellen Ansprüchen ausgerichtet werden.

Vorsicht ist insbesondere bei den freiwilligen Wahltarifen angebracht. Wer sich für einen der zahlreichen freiwilligen Wahltarife der Kassen entscheidet, kann sein Sonderkündigungsrecht nicht in Anspruch nehmen. Jeder Versicherte bindet sich mit der Wahl dieser Tarife für drei Jahre an seine Kasse.

Die Auswirkungen der Neugestaltung der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung durch den Gesundheitsfonds können momentan kaum abgeschätzt werden, so dass es für jeden Versicherten von Vorteil ist, sich seine Flexibilität und insbesondere die Option des Kassenwechsels zu erhalten.

Wer sich dennoch für die neuen Tarif-angebote interessiert, sollte sich in jedem Fall mehrere Angebote einholen und diese genau vergleichen. Empfehlenswert ist daher sicherlich auch eine unabhängige Beratung – etwa in einer Beratungsstelle der Verbraucherzentralen.

Pressemitteilung der VZ NRW

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