AOK: Schrittweise zu mehr Vertragswettbewerb

Pressemitteilung der AOK
 
Auf der Basis eines heute (18. März) in Berlin vorgestellten Gutachtens zum Wettbewerb unter Ärzten, Krankenhäusern und anderen Leistungserbringern will die AOK schrittweise mehr Wettbewerb unter den Leistungserbringern einführen. Dies erklärte Dr. Hans Jürgen Ahrens, Vorstandsvorsitzender des AOK Bundes-verbandes, auf der „AOK im Dialog-Veranstaltung“ zum Vertragswettbewerb in Berlin.
Gert Nachtigal, Vorsitzender des Verwaltungsrates des AOK-Bundesverbandes, erklärte, mehr Wettbewerb unter Leistungserbringern müsse auch Entlastung auf der Ausgabenseite bringen. Arbeitgeber und Mitglieder benötigten dringend günstigere Kassenbeiträge. Wie dies durch Reformen auf der Einnahmenseite bewerkstelligt werden könne, darüber diskutierten derzeit die Experten der Rürup-Kommission. Doch dieser Fokus alleine sei nicht zielführend. Nötig seien auch strukturelle Veränderungen. So könne zugleich ein Mehr an Qualität und ein Mehr an Wirtschaftlichkeit erzielt werden.
Grundsatzdiskussionen habe man darüber lange genug geführt. Jetzt sei es an der Zeit, praktikable Vorschläge zu machen. Diesem Ziel diene die AOK-Veranstaltung zum Ver-tragswettbewerb und das vom AOK-Bundesverband in Auftrag gegebene Gutachten zum Vertragswettbewerb von einem Team renommierter Wissenschaftler auf diesem Feld.
Aus Sicht der AOK, so Ahrens, sollten wettbewerbliche Reformen insbesondere im ambulanten wie im stationären Bereich beginnen. Wolle man das Ziel ‚Integrierte Versorgung als Regelversorgung‘ verfolgen, dann werde gleichzeitig auch eine Weiterentwicklung zum Ausbau neuer integrierter Versorgungsstrukturen benötigt.
Der Schwerpunkt müsse jedoch aus reformökonomischen Gründen zunächst im Krankenhaussektor liegen, da hier mit der Umstellung auf Fallpauschalen gerade wichtige Voraussetzungen für mehr Wettbewerb geschaffen würden. Mehr wettbewerbliche Orientierung im Krankenhausbereich könne damit beginnen, dass die AOK allein und ohne die anderen Kassen mit den Krankenhäusern verhandeln könne. Dabei solle sie die Möglichkeit bekommen, von den Preisen (dem Basisfallwert) abzuweichen und Zu- oder Abschläge je nach Menge und Qualität der Leistung vereinbaren zu können.
Spätestens nach Abschluss der Konvergenzphase der DRG-Einführung, also ab dem Jahr 2007, müsse aus AOK-Sicht anstelle der Bedarfsplanung der Länder, die bisher ja die Betten- und Leistungskapazitäten festlegen, eine bundeseinheitliche Vorgabe von zu kontrahierenden Leistungsmengen erfolgen.
So solle der Bund festlegen, welche Leistungsmengen, z. B. Blinddarmoperationen der  Herzkathederuntersuchungen insgesamt in den Regionen gebraucht werden.
Die jeweiligen Krankenkassen sollten dann entsprechend der kassenspezifischen Versorgungsbedarfe ihrer Versicherten diese Leistungsmengen einkaufen. Dabei solle es den Krankenkassen freigestellt sein, diese Leistungen in ausgewählten Krankenhäusern einzukaufen.
In Zukunft müssten die Kassen in Eigenverantwortung entscheiden können, mit welchem Krankenhaus sie z. B. einen Vertrag über wie viele Blinddarmoperationen schließen.
Ahrens begrüßte nachdrücklich die Ankündigung des Bundeskanzlers, im ambulanten Sektor eine Flexibilisierung des Vertragsrechts möglich zumachen. Insbesondere die Flexibilisierung des Vertragsrechts werde es möglich machen, zusammen mit innovationsfreudigen Ärzten die medizinische Versorgung vor allem für chronisch Kranke schnell zu verbessern. Diese Chance werde die AOK für ihre Versicherten nutzen.
Ahrens: „Der Wettbewerb ist auch im Gesundheitswesen ein unverzichtbares Instrument zur Produktivitätssteigerung und Innovationsförderung. Deshalb ist die alleinige Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung durch die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) historisch überholt. Sie ist in einer Zeit entstanden, in der es unter den gesetzlichen Krankenkassen keinen Wettbewerb gab und zugleich ein Ärztemangel herrschte.“
Der Wettbewerb in der vertragsärztlichen Versorgung brauche, so Ahrens, zur Funktionsfähigkeit für die Partner auf Seite der Ärzte und Kassen gesetzliche Rahmensetzungen und klare Regeln. Zu nennen seien ein gemeinsam und einheitlich auf Bundesebene vereinbarter vertragsärztlicher Leistungskatalog, eine gemeinsam und einheitlich auf Bundesebene vereinbarte, gemeinsam durchzuführende Qualitätssicherung, eine gemeinsam und einheitlich auf Bundesebene vereinbarte Tarifstruktur sowie gesetzliche oder vertragliche Regeln zu Ebenen, Partnern und Inhalten der Ablösung des Sicherstellungsauftrages.
Die Ablösung des alleinigen KV-Sicherstellungsauftrages sollte daher in kontrollierten Schritten entlang eines Entwicklungspfades erfolgen. Dazu müssten die Kassen für spezielle fachärztliche Leistungen die Option erhalten, auf Landesebene Einzelverträge mit zugelassenen Leistungserbringern unter Bereinigung der Gesamtvergütung bzw. der Krankenhausbudgets abzuschließen. Die Leistungsinhalte, Qualitätssicherung und die Vergütung seien von den Vertragspartnern zu regeln. Die Kassen müssten auf Landesebene das Recht erhalten, mit zusätzlichen Leistungserbringern (Krankenhaus, Netze, Gesundheitszentren) Versorgungsverträge abzuschließen, wenn der Sicherstellungsauftrag durch zugelassene Leistungserbringer nicht zu mehr als 100 % erfüllt sei.
Gleichzeitig müsse das Recht geschaffen werden, für diese Verträge eine prospektive Bereinigung der Gesamtvergütung bzw. der Krankenhausbudgets vorzunehmen. Für alle Leistungen im Rahmen der Einzelverträge übernehme die AOK dann den Sicherstellungsauftrag.
Diese schrittweise Ersetzung des alleinigen KV-Sicherstellungsauftrages biete die Chance zu Qualitätssteigerungen und Kostenreduktion. Um das Risiko von Leistungsausweitung, kostentreibendem Kassenwettbewerb und übereilter Bud-getablösung zu minimieren, müsse hier mit Augenmass vorgegangen werden.
Gleichzeitig könne eine Reform der KV-Strukturen mit Schaffung eines hauptamtlichen Vorstandes für mehr Professionalität der KVen sorgen im Interesse einer besseren Dienstleistungsqualität für Ärzte und Krankenkassen. Heute blockierten Machtinteressen einzelner KV-Fürsten oft eine Reform der Versorgungsstrukturen. Ahrens: „Der Kanzlers hat recht, wenn er diese eigensüchtigen Blockaden überwinden will. Dies ist im Interesse von Patienten, engagierten Ärzten und reformbereiter Krankenkassen.“
Ahrens dankte dem Gutachterteam der Professoren für ihre wegweisende Arbeit. Damit stünden für die Reformdiskussion ausgereifte Vorschläge zur Verfügung.

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