Reiserücktritt wegen politischer Unruhen?

Bis vor wenigen Tagen galt es als das Musterland Nordafrikas. Tunesien ist wegen seiner langen Sandstrände und des kulturellen Reichtums bei deutschen Touristen beliebt.

Umso mehr waren viele Urlauber geschockt, als am 14. Januar der Ausnahmezustand ausgerufen wurde und viele Touristen ausgeflogen wurden. Grund dafür sind Unruhen und Proteste im ganzen Land. Können Urlauber in einem solchen Fall kostenfrei von der Reise zurücktreten, oder ist nicht nur der geplante Urlaub geplatzt, sondern auch das Geld weg?

Das Auswärtige Amt ist ausschlaggebend

Generell haben Reisende bei höherer Gewalt, wie zum Beispiel Naturkatastrophen, ein Reiserücktrittsrecht. „Ob bei Reiserücktritt schon allein aufgrund von Sicherheitsbedenken ein Anspruch auf Kostenerstattung besteht, richtet sich häufig nach den Reise- und Sicherheitshinweisen des Auswärtigen Amtes“, erklärt Anja-Mareen Decker, Rechtsexpertin der Advocard Rechtsschutzversicherung. Das Amt beurteilt die akute Lage vor Ort und spricht Empfehlungen aus. Es wird unterschieden in „Sicherheitshinweise“ und „Reisewarnungen“. Sicherheitshinweise oder Teilreisewarnungen beinhalten oft die Empfehlung, sich aus bestimmten Städten oder einsamen Landstrichen fernzuhalten. Eine wesentlich schwerwiegendere „Reisewarnung“ gibt es momentan nur für wenige Länder, darunter Destinationen wie Afghanistan, Haiti oder der Irak.

Auf den Zeitpunkt kommt es an

Bei einer ausdrücklichen Reisewarnung vor einer Reise in ein bestimmtes Land kann man seinen Urlaub stornieren. „In diesem Fall spricht der Gesetzgeber von höherer Gewalt im Sinne des Paragraphen 651 im BGB“, erklärt Anja-Mareen Decker. Der Reiseveranstalter muss die Kosten für die Reise in vollem Umfang zurückerstatten. Dabei ist allerdings ausschlaggebend, dass bei der Buchung noch keine Gefährdung bestand oder für die Zeit der Reise absehbar war. Einen Anspruch auf Schadensersatz – etwa wegen entgangener Urlaubsfreuden – hat der Urlauber aber nicht.

Wer bereits vor Ort ist, wenn das Chaos ausbricht, kann seinen Urlaub vor Ort stornieren und beantragen, früher nach Hause gebracht zu werden. In diesem Fall teilen sich Reiseveranstalter und Reisender allerdings die Kosten, da bereits Leistungen vom Urlauber in Anspruch genommen wurden. Bucht man eine Reise an einen Ort, der vom Auswärtigen Amt zum Zeitpunkt der Buchung als „gefährlich“ eingestuft wird, geschieht dies auf eigenes Risiko. Sollte der Urlauber vor Reiseantritt doch kalte Füße bekommen, hat er keinen Anspruch auf Rückerstattung der Reisekosten.

Es hilft, mit den Veranstaltern zu reden

Generell empfiehlt Anja-Mareen Decker: „Wer vor Antritt einer Reise persönliche Sicherheitsbedenken hat, obwohl die faktischen Voraussetzungen für eine Stornierung der Reise nicht erfüllt sind, sollte sich nicht scheuen, an den Reiseveranstalter heranzutreten. Die Erfahrung zeigt, dass viele Anbieter sehr kulant reagieren und zum Beispiel eine Umbuchung an ein anderes Reiseziel anbieten.“ Momentan haben die meisten Anbieter vor allem Pauschalreisen nach Tunesien abgesagt. Je nach Veranstalter können die Reisen bis zu einem bestimmten Zeitraum umgebucht werden.

Pressemitteilung der Advocard  Rechtsschutzversicherung

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