Konjunkturprognose 2010: Commerzbank erwartet Wachstumsrate von zwei Prozent

„Das zweite Halbjahr wird weiter positiv überraschen. Allerdings sollte sich das Wachstum nach der Jahreswende abschwächen, ohne dass die Wirtschaft in die Rezession zurückfällt“, schreiben die Volkswirte der Commerzbank in ihrer heute in Frankfurt vorgestellten „Konjunkturprognose 2010“. Die Erholung der deutschen Wirtschaft von der tiefsten Rezession seit Gründung der Bundesrepublik hat im zweiten Halbjahr 2009 spürbar an Schwung gewonnen. Vorreiter dabei ist eindeutig die Industrie, die besonders von der Krise betroffen war. Sie profitiert jetzt davon, dass die Unternehmen weltweit einen Teil der Investitionen nachholen, die sie nach dem Schock der Lehman-Pleite abrupt zurückgestellt hatten. Nach dem Jahreswechsel dürfte die Aufwärtsbewegung allerdings an Schwung verlieren. Denn dann sollten die Unternehmen ihre Lager wieder aufgefüllt haben, sodass die wirtschaftlichen Ungleichgewichte in vielen Absatzmärkten Deutschlands wieder stärker zum Tragen kommen. Einen erneuten Rückfall halten die Commerzbank-Volkswirte aber für unwahrscheinlich – insbesondere wegen der sehr niedrigen Leitzinsen. Nach einem Einbruch der deutschen Wirtschaft um 5 % im laufenden Jahr erwarten sie für 2010 ein Plus von 2 %. „Es geht aufwärts mit angezogener Handbremse“, sagte Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt – ein nachlaufender Indikator im Konjunkturzyklus – werde sich in den kommenden Monaten spürbar verschlechtern. Für Ende 2010 geht Krämer von einer um saisonale Einflüsse bereinigten Arbeitslosenquote von rund 10 % aus (viertes Quartal 2009: 8,4 %). Die Kernteuerungsrate – Inflation ohne Energie und Nahrungsmittel – wird im Verlauf des kommenden Jahres weiter zurückgehen und im Jahresdurchschnitt 2010 unter 1 % liegen. Dagegen wird die Gesamt- Inflationsrate – derzeit 0 % – zum Jahresende 2010 wieder ein positives Vorzeichen aufweisen und bei rund 1 % liegen. Dies liegt vor allem daran, dass die Mitte 2008 stark gestiegenen Energiepreise aus dem Vorjahresvergleich herausfallen (Basiseffekt). Ein ähnliches Konjunkturbild zeichnen die Volkswirte der Commerzbank für die USA. Dort ist die Wirtschaft im dritten Quartal zum ersten Mal seit dem Frühjahr 2008 wieder gewachsen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte um 3,5 % zu. Nach einem ähnlich starken vierten Quartal dürfte ein guter Teil der zurückgestauten Nachfrage nachgeholt sein und die noch bestehenden Ungleichgewichte sollten wieder stärker zutage treten. Gegen einen Rückfall in die Rezession sprechen jedoch die sehr expansive Geldpolitik und der sich stabilisierende Immobilienmarkt. Für das laufende Jahr prognostizieren die Commerzbank-Volkswirte für die US-Wirtschaft einen BIP-Rückgang von 2,5 %, für 2010 eine Zunahme um 2,5 %. Die US-Notenbank Fed wird den Leitzins noch einige Zeit auf dem aktuell sehr niedrigen Niveau halten. „Erst wenn klar ist, dass die US-Wirtschaft nachhaltig wächst, wird sie beginnen, die Zinsen schrittweise anzuheben. Das dürfte im Sommer nächsten Jahres der Fall sein“, sagte Krämer. Die Bekämpfung der Krise war für die öffentlichen Finanzen enorm kostspielig, die energischen Maßnahmen der Notenbank bergen die Gefahr erheblicher Nebenwirkungen. Der endgültige Erfolg des Krisenmanagements wird davon abhängen, ob Regierung und Fed die Nothilfemaßnahmen zum richtigen Zeitpunkt beenden. Für die längerfristigen Aussichten bedeutsam ist, dass sich einige der eklatanten Ungleichgewichte in der US-Wirtschaft in der Rezession verringert haben. Dies gilt zum Beispiel für den zuvor heiß gelaufenen Immobilienmarkt, aber auch für das Außenhandelsdefizit, das bedenkliche Werte aufgewiesen hatte. Auch die Wirtschaft im Euroraum hat den Unsicherheitsschock der Lehman- Pleite überwunden. Sowohl die Stimmungsindikatoren als auch die harten Daten zeigen inzwischen klar nach oben. Besserungszeichen kommen vor allem aus der Industrie, die zunehmend von der anziehenden globalen Nachfrage profitiert. Trotz des guten zweiten Halbjahres schlägt für das laufende Jahr alles in allem ein Rückgang des BIP um 3,8 % zu Buche. Für die kommenden Monate ist der Konjunkturausblick positiv. Zwei oder drei Quartale mit ordentlichem Wachstum reichen aber nicht aus, um einen klassischen Aufschwung zu generieren. Krämer: „Dazu sind die Nachwehen der Krise zu stark. In einigen Euroländern werden die Immobilienpreise weiter fallen und zusätzliche Wertberichtigungen notwendig machen. Diese werden die Banken in der Kreditvergabe weiterhin beschränken.“ Alles in allem sollte die Eurowirtschaft 2010 um nicht mehr als 1,5 % wachsen. Das aktuelle Leitzinsniveau betrachtet die Europäische Zentralbank (EZB) derzeit noch als angemessen. Ein Umdenken dürfte im Verlauf des kommenden Jahres einsetzen. Für den Zeitraum ab Sommer 2010 erwarten die Volkswirte der Commerzbank erste Zinsanhebungen, denen eine sanfte Rückführung der unkonventionellen Maßnahmen im ersten Halbjahr vorangehen dürfte. (Pressemitteilung Commerzbank)

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