Sicherheits-Standards für Batterie und Crash-Tests gefragt

Um E-Mobilität sicher zu gestalten, werden laut TÜV SÜD rasch international verbindliche Sicherheitsstandards gebraucht. Dies vor allem, weil für alle Hersteller die Lithium-Ionen-Batterie eine Schlüsselkomponente künftiger Antriebskonzepte darstellt, diese aber erhöhtes Risikopotenzial bei der funktionalen, elektrischen, chemischen und mechanischen Sicherheit birgt. Aktuelle Prüfnormen tragen diesem Umstand noch nicht ausreichend Rechnung. Das unterstrich der TÜV SÜD-Vorstandsvorsitzende Dr. Axel Stepken im Rahmen einer Pressekonferenz am Mittwochvormittag (16.9.) auf der IAA in Frankfurt. Dr. Stepken kündigte zudem an, dass TÜV SÜD noch im Herbst erste Crash-Tests mit Lithium-Ionen-Batterien für Fahrzeuge durchführen wird. Das Thema E-Mobilität hat enorm Fahrt aufgenommen. Branchenexperten sehen mit Blick auf das Jahr 2020 ein Umsatzpotenzial von 500 Milliarden Euro und einen Marktanteil von bis zu neun Prozent bei den Neuzulassungen weltweit. In einer repräsentativen Studie, die TÜV SÜD zusammen mit dem Marktforschungsinstitut Technomar durchgeführt hat, bekunden fast 60 Prozent der Befragten aktives Interesse am Thema Elektro-Mobilität. Und die Vision der Bundespolitik lautet: In zehn Jahren sind auf Deutschlands Straßen eine Million Elektroautos unterwegs. Laut TÜV SÜD-Vorstandsvorsitzendem Dr. Axel Stepken führt am Elektro-Auto kein Weg vorbei. Die ehrgeizigen CO2-Reduktionsziele und die dafür erforderliche höhere Energieeffizienz von Fahrzeugen seien ohne Elektroantriebe im Auto nur schwer zu erreichen. Unter der Überschrift „E-Mobilität – aber sicher“ vermittelten die Mobilitäts-Experten von TÜV SÜD bei einer Pressekonferenz auf der IAA zwei Botschaften: Zum einen die klare Erkenntnis, dass die Elektrifizierung einen bedeutenden Ansatz zur ökologischen Modernisierung von Mobilität darstellt. Zum anderen, dass die E-Mobilität diese Rolle aber nur dann erfolgreich ausfüllen kann, wenn die funktionale, elektrische, chemische und mechanische Sicherheit gewährleistet ist. Schlüsselkomponente Batterie: Normen sind lückenhaft Im Fokus aus Sicht von TÜV SÜD: die Schlüsselkomponente Batterie. Alle großen Hersteller setzen auf den Einsatz von Lithium-Ionen-Batterien. In Sachen Batteriesicherheit ist der Handlungsbedarf hoch – egal, ob es um den Einsatz in reinen Elektro-Autos geht, um Mikro- und Mildhybride, Vollhybride oder Plug-in-Hybride. Im Moment ist, so Dr. Axel Stepken, die Normungs- und Prüflage noch lückenhaft. Einige Beispiele. Erstens: Es gibt zwar Abnahmekriterien für Batterie-Crashtests hinsichtlich Brand- und Explosionsgefahr, aber toxische, ätzende und kanzerogene Stoffe sind nicht berücksichtigt. Zweitens: Es gibt für die Zulassung von Großserienfahrzeugen bislang keine Anforderungen für den Heck-Crash. Diese sind aber notwendig, weil ein Großteil der Hersteller die Unterbringung der Lithium-Ionen-Batterie im Fahrzeugheck plant. Drittens: Es gibt keine Standards für den Verbau der Batterie. Viertens: Es gibt keine etablierten Sicherheitsrichtlinien für das Abschleppen von Autos mit Elektroantrieb. Fünftens: Es gibt nur lückenhafte Kriterien für wiederkehrende Sicherheitsprüfungen an Elektro- und Hybridfahrzeugen. Sechstens: Die Prüfnorm, die für elektrische Sicherheit maßgeblich ist, die ECE-R 100, wird selbst in der aktualisierten Fassung, die 2010 in Kraft treten soll, der besonderen Bedeutung der Lithium-Ionen-Batterie nicht in vollem Umfang gerecht. TÜV SÜD: Ein-Fehler-Sicherheit muss Messlatte sein Der bedeutende Wert der Ein-Fehler-Sicherheit – dass also ein Fehler alleine nicht zu einem gefährlichen Zustand führen darf – wird durch die Neufassung der Norm noch nicht erreicht. Um diese Messlatte zu schaffen, sind international verbindliche Normen für Crashtests, die das System aus Batterie und zugehörigen Aggregaten berücksichtigen, eine wichtige Basis. Zu bedenken sind von vornherein alle praxisrelevanten Aspekte – also auch das Laden von Elektro-Fahrzeugen in der heimischen Garage oder der Umgang mit Altfahrzeugen. Nicht zu vernachlässigen: Für Rettungskräfte gibt es bislang noch keine koordinierende Stelle oder gesetzliche Grundlagen für das Verfahren nach Unfällen, in die Elektro-Autos verwickelt sind. In den vergangenen Jahrzehnten, betonte Dr. Stepken, wurde in der Mobilität in Deutschland dank der Innovationskraft der Automobilhersteller und unter dem Zutun der Prüfgesellschaften ein enorm hohes Sicherheitsniveau erreicht.
Dieses Niveau gelte es nun beim Schritt ins Zeitalter der E-Mobilität mindestens zu halten, denn: „Wird dieses Urvertrauen in die Sicherheit massiv erschüttert – beispielsweise durch schwere Unfälle, die dem System E-Mobilität zuzurechnen sind – könnte dies die Entwicklung einer Zukunftstechnologie massiv beschädigen“, sagte der TÜV SÜD-Vorstandsvorsitzende. Bei den deutschen und den großen internationalen Herstellern stellt Stepken ein ausgeprägtes Problembewusstsein für diese Thematik fest. E-Mobilität sei aber das große erste Auto-Thema, bei dem nicht nur die etablierten Hersteller-Länder die Taktgeber seien. Der Wunsch nach individueller Mobilität in Ländern wie China oder Indien bei gleichzeitig knapper werdenden fossilen Brennstoffen lasse erwarten, dass wichtige Impulse für die neue Technologie aus diesen Ländern kommen: „Im Sinne der Sicherheit sind deshalb weltweit gültige, einheitliche Standards zu entwickeln und anzuwenden“, betonte Dr. Stepken. Außerdem werde es „etliche neue Marktteilnehmer geben, die nicht aus der Automobilindustrie kommen“. Gerade in der Entwicklungsphase rechnet TÜV SÜD mit einer Reihe von Kleinserienherstellern. Und für Kleinserienfahrzeuge bis 1.000 Stück sind die Hürden zur Zulassung nur gering. Dr. Axel Stepken: „Es besteht gerade in der Anfangsphase das Risiko, dass hier nur die Bestimmungen für Kleinserienhersteller bei der Zulassung angewendet werden und so Fahrzeuge auf unsere Straßen kommen, die nicht den umfassenderen Sicherheitsanforderungen der Elektromobilität genügen.“ Mit Blick auf Zulassungs- und Importbestimmungen brauche es deshalb klar formulierte und verbindliche internationale Sicherheitsstandards, die für alle Fahrzeuge gelten – unabhängig von der Seriengröße, so Stepkens Plädoyer. TÜV SÜD gut gerüstet für Herausforderung E-Mobilität TÜV SÜD selbst sieht sich für die Herausforderung E-Mobilität gut gerüstet. „Wir werden noch im Herbst die ersten Crash-Tests mit Lithium-Ionen-Batterien in Fahrzeugen durchführen“, kündigt Dr. Stepken an. Beim Thema Batteriesicherheit arbeite man mit namhaften deutschen Automobilherstellern zusammen – und setze sich in Gremien für entsprechende Standards ein. Außerdem verfüge man bereits über einen großen Erfahrungsschatz – etwa aus der Homologation von Fahrzeugen mit elektrifizierten Antriebssystemen. In Stuttgart ist der Dienstleistungskonzern am Förderprojekt „Modellregion Elektromobilität“ beteiligt, und zudem gehört die TÜV SÜD Akademie bundesweit zu den führenden Anbietern bei der Schulung von Werkstattmitarbeitern im Umgang mit Hochvolt-Fahrzeugen.
Zur TÜV SÜD-Premiere bei der IAA unter dem Motto „Vielfalt entdecken, Effizienz steigern“ merkte Stepken an: „Wir sind davon überzeugt, dass wir mit unseren Dienstleistungen im Bereich Mobilität einen wesentlichen Beitrag leisten können, dem Autohandel, Werkstätten, Zulieferern und Herstellern Wege aus der Krise aufzuzeigen.“ Von der E-Mobilität über die Hauptuntersuchung der Zukunft und die Wirtschaftlichkeit im Autohaus bis hin zu umweltfreundlichem Flottenmanagement: TÜV SÜD, die Tochtergesellschaften und TÜV Hessen, bei dem TÜV SÜD Mehrheitseigner ist, sind auf der IAA in Halle 8, Stand 13A, zu finden. Zudem informiert TÜV SÜD auf Sonderseiten im Internet über die Aktivitäten auf der IAA unter: www.tuev-sued.de/iaa2009 Pressemitteilung der TÜV SÜD AG

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