GLS Bank: Wohnen in Bürgerhand

Die Privatisierung kommunaler Wohnungsbestände beispielsweise in Dresden, Nordrhein-Westfalen und Freiburg hat eine Kontroverse ausgelöst, in der sich soziale und ökonomische Standpunkte unvereinbar gegenüberstehen.

Die GLS Bank entwickelte für Freiburg ein Modell, das bürgerschaftliches Engagement einbezieht und die wohnungspolitische Ziele dauerhaft verankert.

Dazu GLS-Vorstandssprecher Thomas Jorberg: Über Generationen haben Unternehmen, Gewerkschaften, Kommunen und Genossenschaften soziales Kapital in Form von Wohnbeständen aufgebaut, mit dem Ziel, Menschen auch unter sozialen Gesichtspunkten mit Wohnraum zu versorgen.

In den letzten Jahren weckten diese Wohnbestände verstärkt Begehrlichkeiten:

Öffentliche Eigentümer sehen im Verkauf die Möglichkeit, durch hohe Preise ihre Schulden abzubauen.

Finanzinvestoren spekulieren darauf, durch langfristige Mietsteigerungen, Einzelverkäufe, insbesondere aber durch Weiterverkäufe oder Börsengänge hohe Renditen zu erzielen.

Zunächst stellt sich dies als Win-Win-Situation dar – wären da nicht die Menschen, die in den veräußerten Wohnungen leben.

Durch das Ausmaß der veräußerbaren Wohnbestände geht es dabei nicht nur um Einzelschicksale, sondern um die Entwicklung ganzer Stadtviertel, die davon geprägt sein werden, ob der neue Eigentümer seinen Erfolg primär an einer möglichst hohen Rendite misst, oder ob weiterhin wohnungspolitische Ziele im Mittelpunkt stehen.

Eine „Sozialcharta“ kann zwar – wie von der LEG in Nordrhein-Westfalen beabsichtigt – die Mieter zumindest kurzfristig schützen.

Aber allein die Tatsache, dass die Mieter vor dem neuen Eigentümer beschützt werden müssen, spricht für sich. Wohnungspolitische Ziele können nicht als bloße Nebenbedingungen gehandelt werden.

Vielmehr geht es um die Grundsatzfrage: Dient das Kapital dem Wohnen oder das Wohnen dem Kapital? Henry Ford formulierte:

„Die erste Pflicht des Kapitals ist nicht, mehr Geld zu schaffen, sondern dass sich Geld der Verbesserung des Lebens widmet.“

Allerdings sieht die GLS Bank auch, dass die Wohnwirtschaft heute nicht mehr unbedingt zu den Kernaufgaben einer Gebietskörperschaft gehört. Die Übertragung auf ein darauf spezialisiertes Unternehmen kann sinnvoll sein.

Wenn eine Gebietskörperschaft jedoch ihren wohnungspolitischen Aufgaben gerecht werden will, steht sie vor einem Verkauf in der Pflicht, inhaltliche Zielsetzungen zu formulieren – die nicht in der Art einer „Sozialcharta“ nur als Nebenbedingungen gelten.

Bieterverfahren, in denen der Investor mit dem höchsten Kaufpreisangebot den Zuschlag bekommt, führen dazu, dass sich die Investoren mit der konsequentesten Renditeorientierung durchsetzen.

Darum sollte eine Gebietskörperschaft die wesentlichen wohnungspolitischen Zielsetzungen zum Gegenstand des Verkaufs machen:

Wie ist der Wohnungsbedarf unterschiedlicher Zielgruppen zu decken?

Erfordernisse von Stadtentwicklung und Quartiersmanagement

Ökologische Aspekte von Sanierung, Ver- und Entsorgung

Zusammensetzung der Finanzierungsstruktur

Anbindung der Eigentümerschaft in der Stadt (Beteiligung von Mietern und Bürgern)

Am letzten Punkt wird der Vorteil von Bürgerbeteiligung deutlich:

Durch ihre direkte Betroffenheit werden Bürgerinnen und Bürger als Investoren eine nachhaltige Stadt- und Standortentwicklung als den vorrangigen Geschäftszweck setzen, der dann eine angemessene Rendite zur Folge hat.

So kann zusätzlich zur marktgetriebenen Wohnwirtschaft eine bürgerschaftliche Ergänzung entstehen.

In Freiburg hat die GLS Bank jetzt anlässlich des Bürgerentscheides über den Verkauf des städtischen Wohnungsbestandes darum ein bürgerschaftlichen Modell in die Debatte eingebracht:

Mit dem erforderlichen Eigenkapital zum Kauf der „Freiburger Stadtbau GmbH“ beteiligen sich Mieter, Genossenschaften sowie Bürgerinnen und Bürger.

Sie sorgen dadurch für die sozialen und ökologischen Ziele der Stadtbau, für die Entschuldung der Stadt und gleichzeitig für eine angemessene und nachhaltige Rendite der eigenen Vermögensanlage.

Die wesentlichen Merkmale des bürgerschaftlichen Genossenschaftsmodells sind:

professionelle Wohnraumbewirtschaftung, die dem Wohnen dient

Soziale und ökologische Zielsetzungen

Selbstverwaltungsprojekte der Mieter werden gefördert

Genossenschaftliche Beteiligung der Mieter an „ihren“ Wohnungen

Dieses Modell will die GLS Bank in Partnerschaft mit Wohnbaugenossenschaften sowie Kommunen umsetzen.

Als erste ethisch-ökologische Bank in Deutschland hat die GLS Bank langjährige Erfahrung in der Finanzierung von Bürgerengagement.

Beispielsweise ist sie der Finanzierungspartner der Elektrizitätswerke Schönau und ermöglichte so die Übernahme des dortigen Stromnetzes in Bürgerhand.

Auch im Wohnbereich hat sie neue Formen von Eigentum und Bewirtschaftung entwickelt. Insofern steht die GLS Bank für eine professionelle Umsetzung innovativer, bürgerschaftlicher Vorhaben.

Für Kommunen, die weder einen Verkauf an anonyme Finanzinvestoren akzeptieren noch dauerhaft wohnwirtschaftlich tätig sein wollen bietet dieses Modell eine neue Perspektive.

Pressemitteilung der GLS Gemeinschaftsbank

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