Internationales Expertenhearing: Burnout ist nicht nur ein Problem des Individuum

Arbeitswissenschaftler, Ärzte, Psychologen und Ökonomen aus Deutschland, England und den USA diskutierten am Freitag in Berlin über Ursachen und Therapieansätze bei Burnout. Auf Einladung von BIG – Die Direktkrankenkasse tauschten sich Wissenschaftler verschiedener Fachrichtung  über den internationalen Forschungsstand im Bereich integrativer Versorgung aus. Aufhänger für das Expertenhearing ist Deutschlands erstes Burnout-Präventionsprogramm, das die BIG im Rahmen eines wissenschaftlich begleiteten Modellprojekts aufgelegt hat.

Vor dem Hintergrund einer ständig wachsenden Zahl Burnout-Betroffener ist bundesweit die Nachfrage nach Präventionsangeboten gewachsen. Jeder vierte Berufstätige weist heute erste Anzeichen einer chronischen Erschöpfung auf und immer mehr Krankmeldungen gehen auf das Konto psychischer Störungen. „In der heutigen Leistungsgesellschaft hat vor allem die Verdichtung von Arbeit den Anstieg psychosomatischer Erkrankungen ausgelöst“, so der Ansatz der deutschen Forschung, den Prof. Dr. Erika Bock-Rosenthal von der Fachhochschule Münster einleitend skizzierte.

Burnout, ein Krankheitsbild das lange vor allem im Zusammenhang mit Pflegeberufen beobachtet und analysiert wurde, wird immer mehr – da sind sich die Experten einig –  zu einem gesamtwirtschaftlichen Phänomen. Allgemein wächst die Angst vor dem Jobverlust, während zugleich immer mehr Arbeit auf immer weniger Schultern verteilt wird. „In einem solchen Kontext entstehen Kommunikationsstörungen, es kommt zu einer  wachsenden Unzufriedenheit oder auch zu Mobbing“, erklärt Prof. Dr. Regina Lorenz-Krause von der Forschungsgruppe Pflege und Gesundheit e.V. (PuG) mögliche Ursachen für Burnout. In Kombination mit individuellen Belastungen sei dies oft der Beginn eines Erschöpfungssyndroms, das im schlimmsten Fall zu depressiven Störungen führt.

„Ähnlich wie bei Depressionen, die viel zu spät erkannt und unzureichend therapiert werden – häufig vergehen 7 bis 10 Jahre, bevor die Krankheit festgestellt wird –  muss der Schwerpunkt bei Burnout auf Früherkennung und Prävention liegen“,  so Frank Neumann, Vorstand der BIG, in seiner Eröffnungsrede. Erst wenn es zur ernsten Krise kommt, setzt die medizinische Betreuung ein: stationär, mit einer durchschnittlichen Verweildauer von 40 Tagen. Medizinisch und volkswirtschaftlich eine unhaltbare Situation.

Auch in Amerika schaut man sehr aufmerksam auf die wirtschaftlichen Folgen. „Wir verstehen Burnout jedoch mehr als ein Problem schlechter Arbeitsbedingungen, weniger als mentale Krankheit“,  begründet Prof. Dr. Jean Ann Seago von der University of San Francisco den arbeitsmedizinischen Ansatz der amerikanischen Forschung. Am Ende müsse man vor allem für veränderte Arbeitsbedingungen, wie höhere Qualifikation,  größere Autonomiespielräume, positiver Rückhalt im Team und gute Führung sorgen, wenn man verhindern wolle, dass der Patient immer wieder in dem gleichen Dilemma lande.

Ein Ansatz, den man auch in England verfolgt „Die Lösung des Problems sollte idealer Weise im Problemumfeld erfolgen“, so Prof. Dr. David Richards von der Universitiy of York, der sich für kürzere stationäre Aufenthalte mit einer flexiblen ambulanten Nachsorge aussprach. „Ein gutes Versorgungsmanagement kann Krankenhausaufenthalte verhindern – und damit Kosten senken“.

Ein Weg, den die BIG mit ihrem einwöchigen stationären Präventionsprogramm beschreitet. „Ziel des BIG-Projekts ist vor allem eine vernetzte Gesundheitsvorsorge, die abgestimmte Präventionstherapien und Nachsorgeangebote ermöglicht, um den „Drehtüreffekt“ der Krankheit zu stoppen,“ so Prof. Dr. Georg Schürgers aus Hamburg, der als Psychiater und Psychotherapeut an der Entwicklung des BIG-Projekts maßgeblich beteiligt war.  In Bezug auf die Burnout-Problematik will die BIG nicht erst warten, bis die Patienten mit verschiedenen Symptomen dauerhaft in ärztliche Behandlung gelangen, ohne dass die sozialen und psychischen Zusammenhänge, die sich oft hinter medizinischen Symptomen verbergen, erkannt und therapiert werden.

Mit einer Vielzahl von Lösungsansätzen, die sich aus den unterschiedlichen Forschungsschwerpunkten an diesem Tag in Berlin ergaben, wird nun das Projekt bei der BIG weiterentwickelt. „Die gesamten Ergebnisse dieses spannenden Hearings werden in den Abschlussbericht der Evaluation unseres Burnout-Programms einfließen“, so Neumann. Dieser wird voraussichtlich im Herbst der Öffentlichkeit vorgestellt.
 

Pressemitteilung der BIG Krankenkasse

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