Postbank: Keine Sorge vor dramatischem Rückgang des Preisniveaus

Die Experten der Postbank glauben nicht daran, dass es im Euroraum zu einem allgemeinen, signifikanten und anhaltenden Rückgang des Preisniveaus für Waren und Dienstleistungen kommen wird. Dieses als Deflation bezeichnete Phänomen wäre schädlich, weil es häufig mit einer Rezession verbunden ist und ein anhaltender Preisverfall Kreditnehmer benachteiligen und damit zu Insolvenzen führen könnte. Der Trend rückläufiger Inflationsraten bei ohnehin schon moderatem Niveau hat bereits erste Sorgen vor einer bevorstehenden Deflation aufkommen lassen. Für den starken Rückgang der Inflation sind nach Einschätzung der Postbank-Analysten Sonder- und temporäre Effekte verantwortlich.

Deutschland steht aktuell am Beginn einer konjunkturellen Erholung. Im Unterschied zum traditionellen Muster eines Konjunkturaufschwungs scheint dieses Mal die Binnennachfrage bereits zu einem frühen Zeitpunkt eine tragende Rolle für das BIP-Wachstum einzunehmen. Insbesondere die Anzeichen für eine Beschleunigung des privaten Konsums machen eine deflationäre Entwicklung in Deutschland eher unwahrscheinlich.

Inflationsrate hinkt der wirtschaftlichen Entwicklung hinterher

In einem für Deutschland und den Euroraum typischen Konjunkturaufschwung ziehen üblicherweise zunächst die Exporte an, ehe die Investitionen ausgeweitet werden und erst danach die private Konsumnachfrage eine stärkere Belebung zeigt. Dies ermöglicht es den Unternehmen also erst mit einer gewissen Verzögerung, höhere Preise durchzusetzen, da die Binnennachfrage im frühen Stadium eines Konjunkturaufschwungs meist noch moderat verläuft. Auch von der Kostenseite geht in dieser Phase kaum Inflationsdruck aus, da in der Regel noch eine Unterauslastung der Produktionskapazitäten besteht und die Löhne moderat steigen.

Arbeitsmarktentwicklung begünstigt Ende der Inflationstalfahrt

Der deutsche Arbeitsmarkt ist derzeit in der besten Verfassung seit Jahren. Die Arbeitslosenquote liegt mit 6,9 Prozent so niedrig wie zu Zeiten der Wiedervereinigung. Gleichzeitig steigt die Erwerbstätigkeit, z.B. weil die Menschen durch die Anhebung des Rentenalters tendenziell länger arbeiten. Dem steigenden Angebot an Arbeitskräften steht seitens der Unternehmen auch eine zunehmende Arbeitskräftenachfrage gegenüber. Die insgesamt gute Arbeitsmarktsituation in Deutschland wirkt über zwei Kanäle stützend auf die Verbraucherpreise. Durch die steigende Erwerbstätigkeit beziehen einerseits mehr Menschen Löhne und Gehälter, wodurch das verfügbare Einkommen absolut zunimmt. Dadurch erhöht sich der Spielraum für Konsumausgaben und diese steigende Nachfrage stützt die Preise. Gleichzeitig führt ein Anstieg der Erwerbstätigkeit bzw. ein Rückgang der Arbeitslosigkeit tendenziell dazu, dass dem Arbeitsmarkt weniger Arbeitskräfte zur Verfügung stehen (Stichwort: Fachkräftemangel). In einer solchen Situation fällt es aufgrund der Knappheit an Arbeitskräften leichter, höhere Löhne durchzusetzen. Die Tariflohnabschlüsse in Deutschland zeigten in den vergangenen Quartalen denn auch recht deutliche Zuwachsraten. Diese lagen vor allem meist oberhalb der Inflationsrate. Das mit diesem Reallohnanstieg verbundene höhere Potenzial für die Güternachfrage sollte seinerseits dem Inflationsrückgang Einhalt gebieten.

Analyse der Komponenten offenbart einige temporäre Effekte

Die Postbank macht für teilweise sinkende Verbraucherpreise Sondereffekte verantwortlich, so z.B. im Vergleich zum Vorjahr gesunkene Ölpreise. Und im Bereich Bildung sind die Preise durch den Wegfall der Studiengebühren in Bayern zum 1. Oktober statistisch gegenüber dem Vorjahreszeitraum rückläufig. Die Nahrungsmittelpreise weisen demgegenüber seit längerem überdurchschnittliche Steigerungsraten auf. Mittelfristig dürfte sich diese Komponente als treibendes Element für die Inflation etablieren.

In der Summe zeigt sich, dass ein dauerhafter, breit angelegter Rückgang der Inflationsrate in Deutschland derzeit nicht zu erkennen und auch in näherer Zukunft höchst unwahrscheinlich ist, so die Experten der Postbank. Vor allem die gerade eingesetzte Konjunkturerholung spricht klar dagegen. Sie erwarten, dass sich die Inflationsrate zunächst im Bereich des aktuell verzeichneten Niveaus stabilisiert. Im Anschluss daran dürfte die Teuerung eine leichte Beschleunigung aufweisen. Sowohl für das zu Ende gehende Jahr als auch für 2014 erwartet die Postbank eine durchschnittliche Inflationsrate von 1,5 Prozent in Deutschland. Erst wenn die Konjunktur stärker Fahrt aufgenommen hat, dürfte die Inflationsrate – mit der üblichen Verzögerung – wieder die 2 Prozent-Marke ins Visier nehmen.

Von einer anhaltenden Disinflation oder gar einer Deflation im Euroraum kann nach Einschätzung der Postbank-Experten also keine Rede sein. Auf längere Sicht überwiegen weiterhin die Inflationsgefahren, da sich der Handlungsspielraum der Geldpolitik im Zuge der Finanz- und Staatsschuldenkrise eingeengt hat. Bei einem nachhaltigen Konjunkturaufschwung, der mit steigendem Inflationsdruck einhergeht, dürften die Notenbanken kaum in der Lage sein, die Leitzinsen schnell auf ein neutrales Niveau anzuheben. Denn je länger die ultraexpansive Geldpolitik anhält, desto stärker werden Privathaushalte, Unternehmen und öffentliche Hand ihre Budgets an das niedrige Zinsniveau anpassen. Hinzu kommt, dass anhaltend niedrige Zinsen eine notwendige Strukturanpassung verzögern und ineffiziente Strukturen zementieren können. Künftige Zinsanhebungen können dann hohe volkswirtschaftliche Kosten in Form massenhafter Insolvenzen nach sich ziehen.

Pressemitteilung Postbank (28.11.2013)

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