Knapp eine Woche nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, wonach die bisherige Festlegung der Hartz-IV-Regelsätze verfassungswidrig sei, legte die Regierung einen Katalog vor, in dem eine Reihe von Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden. Denn das BVerfG hatte entschieden, dass Hilfebedürftige einen grundrechtlichen Leistungsanspruch auf Sicherstellung eines „unabwendbaren, laufenden, nicht nur einmaligen, besonderen Bedarfs“ (Härtefall) haben.
In dem vorläufigen Katalog wurde jetzt detailliert festgelegt, welche Fälle davon erfasst werden und welche weiterhin unberücksichtigt bleiben. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts war die Zahl der Anträge stark angestiegen – die meisten haben nach Auffassung der Bundesagentur keine Aussicht auf Erfolg. Der Härtefall-Katalog gilt sofort und stellt Klarheit für die Mitarbeiter der Arbeitsagentur und die Leistungsbezieher her. Für eine endgültige Regelung bleibt der Regierung noch bis Ende dieses Jahres Zeit. ARAG Experten nennen die Fälle, in denen der Regelsatz für das Arbeitslosengeld II (derzeit 359 Euro) erhöht werden kann:
+ Putz- und Haushaltshilfen + Wenn gewisse Tätigkeiten im Haushalt eines Rollstuhlfahrers nur mit fremder Hilfe erledigt werden und keine Familienangehörigen oder Freunde eingreifen können, ist das ein Härtefall. In derartigen Fällen sollen mit dem Hartz IV Extra eine Putzhilfe bezahlt werden können.
+ Fahrtkosten + Fahrt- und Übernachtungskosten, die anfallen, wenn geschiedene Ehepartner die von ihnen getrennt lebenden Kinder besuchen, sollen künftig in den Katalog der Hartz-IV-Zusatzleistungen aufgenommen werden. Auch die Kosten für Besuchsfahrten eines in Haft sitzenden Ehepartners rechtfertigten einen Antrag auf Zusatzleistung.
+ Nachhilfestunden + In Einzelfällen können auch Kinder mit Schulproblemen mit Zusatzleistungen rechnen, die über den Hartz-IV-Regelsatz hinausgehen: Mit dem Geld sollen Nachhilfestunden finanziert werden können. Dies gilt aber nur, wenn es einen dringenden Anlass gibt, etwa eine langfristige Erkrankung oder einen Todesfall in der Familie. Dies gilt nur, wenn es eine Aussicht gibt, dass die Nachhilfe spätestens nach einem halben Jahr nicht mehr benötigt wird. Vorrangig sind aber schulische Angebote zu nutzen, etwa Förderkurse.
+ Notwendige Arzneien + Für chronisch Kranke sollen auch nicht verschreibungspflichtige, aber notwendige Arzneien absetzbar werden. Dazu zählen zum Beispiel Hautpflegeprodukte bei Neurodermitis oder Hygieneartikel bei ausgebrochener HIV-Infektion.
+ Praxisgebühr und Zahnersatz + Der Katalog schließt laut ARAG Experten aber auch eindeutig Leistungen aus. Nicht als Härtefall eingestuft werden demnach weiterhin die Ausgaben für Praxisgebühr, Bekleidung für Übergrößen, Orthopädische Schuhe, Zahnersatz, Waschmaschine und Brille. Diese Kosten müssen durch den Regelsatz gedeckt werden.
(Pressemitteilung ARAG)