Symposion „Die Zukunft unserer Kinder“ setzt Meilenstein

Es ist fünf nach 12 – Höchste Zeit, alle Kräfte für unsere Kinder und Jugendlichen in der Gesellschaft zu bündeln.

Wenn es gelingt, alle Kräfte in Gesellschaft, Medien, Politik und Gesundheitswesen zu bündeln, können wir nachhaltig die Gesundheitschancen unserer Kinder und Jugendlichen verbessern. Ein Meilenstein ist das Symposion „Die Zukunft unserer Kinder“, zu dem Verwaltungsrat und Vorstand der Barmer Vertreter aus Wissenschaft, Medien und Politik zusammen brachte. 

Kinder und Jugendliche brauchen stabile soziale Verhältnisse, eine Umwelt, die ihnen Raum zum Spielen und für Bewegung lässt, sie brauchen Liebe und Zuwendung und gesunde Ernährung, um sich zu starken Persönlichkeiten zu entwickeln. Doch die Wirklichkeit in Deutschland sieht anders aus: 1,5 Millionen Kinder beziehen Sozialgeld. Neben falscher Ernährung fehlt es vor allem an Bewegung. Mit fatalen Folgen: Eine jüngst vom Robert-Koch-Institut vorgelegte Studie zur Kinder- und Jugendgesundheit (Kiggs-Studie) zeigt, dass 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen von drei bis 17 Jahren übergewichtig sind. 6,3 Prozent davon leiden bereits unter Adipositas. Hochgerechnet auf Deutschland entspricht dies etwa 1,9 Millionen übergewichtigen Kindern und Jugendlichen, darunter 800.000 krankhaft dicken. 

Am Beispiel Übergewicht wird deutlich, mit welchen gravierenden gesundheitlichen und finanziellen Folgen unsere Gesellschaft und unser Gesundheitswesen in naher Zukunft rechnen müssen. Denn Übergewicht gilt als Risikofaktor für eine Vielzahl chronischer Erkrankungen. Hier tickt eine Zeitbombe. Dem will und kann die Barmer zusammen mit anderen Akteuren etwas entgegensetzen. 

Kinderlärm ist Zukunftsmusik, betonte der Vorsitzende des Barmer Verwaltungsrates, Holger Langkutsch. Die Barmer versichert über eine Million Kinder und Jugendliche, deren Belange und Anliegen uns ganz besonders am Herzen liegen. Für Familien und Kinder da zu sein, ist eines der Markenzeichen der Barmer, so Langkutsch. Die Barmer biete deshalb eine breite Palette an präventiven und gesundheitsfördernden Maßnahmen zur Kindergesundheit an. Einen Eindruck hiervon bot das Rahmenprogramm des Symposions, an dem zahlreiche Kinder aus Grundschulen und Turnvereinen der Region mit Begeisterung teilnahmen. Langkutsch: Aufklärung und Beratung sind einer der Schlüssel, damit Kinder gesund aufwachsen können. 

Qualitativ hochwertige Angebote zur Kinder- und Jugendgesundheit sind dringend notwendig, um das Bildungs-, Medien- und Freizeitverhalten von Kindern und Jugendlichen und somit deren Gesundheitschancen zu verbessern. Mit Fragen der Kinder- und Jugendgesundheit gehen vielfältige und komplexe Fragestellungen einher. Erfolge sind nur zu erzielen, wenn wir gemeinsam Verantwortung übernehmen und an einem Strang ziehen, betonte Birgit Fischer, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Barmer. Kinder- und Jugendgesundheit ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die weit über die gesundheitliche Versorgung hinausgeht und zahlreiche Politikfelder, Institutionen und Organisationen betrifft. Die gesetzlichen Krankenkassen sind lediglich einPlayerunter zahlreichen Akteuren mit eigenen Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten , so Fischer. Als Versorgerkasse für die ganze Familie werden wir nicht nachlassen, neue innovative Initiativen zur Förderung der Kinder- und Jugendgesundheit zu ergreifen.

Der Handlungsbedarf wird besonders deutlich an einer im Februar vorgelegten Unicef Vergleichsstudie zur Situation von Kindern in Industriestaaten, die für Deutschland ein ernüchterndes Bild zeichnet: Wir sind nur Mittelmaß, wenn es darum geht, eine gute Lebensumwelt für die jüngere Generation zu schaffen. Im internationalen Vergleich von 21 Industriestaaten belegt Deutschland gerade einmal den elften Platz – weit abgeschlagen hinter den Niederlanden, Schweden, Dänemark und Finnland. Zudem greifen in keinem anderen Industrieland so viele Kinder und Jugendliche zur Zigarette wie in Deutschland. Auch beim Alkoholkonsum belegen deutsche Mädchen und Jungen gemeinsam mit ihren britischen Altersgenossen einen traurigen Spitzenplatz.

Prof. Dr. Klaus Bös vom Forschungszentrum für den Schulsport und den Sport von Kindern und Jugendlichen an der Universität Karlsruhe stellt in den letzten Jahren gravierende Veränderungen der Bewegungssituation unserer Kinder und Jugendlichen fest: Nur noch 30 Prozent bewegen sich täglich mindestens eine Stunde und erfüllen damit das in internationalenGuidelinesgeforderte Mindestmaß an Bewegung. Folgen dieser Bewegungsarmut sind Verluste an Leistungsfähigkeit, zunehmendes Übergewicht und bereits im Kindesalter beginnende Zivilisationskrankheiten. Prävention tut Not und muss so früh wie möglich beginnen .

Als vordringlichste Handlungsfelder nennt Prof. Dr. Peter Paulus vom Institut für Psychologie der Universität Lüneburg Ernährungsaufklärung, Bewegungsförderung, Stress- und Konfliktbewältigung, Förderung sozialer Kompetenz und sozialer Integration, Agressivität- und Gewaltprävention, Verhüten von Verkehrs- und Schulunfällen, Prävention von Missbrauch, Misshandlung und Vernachlässigung sowie Prävention von Depression und chronischer Erkrankung. Insbesondere seien Kinder betroffen, die durch soziale, kulturelle und materielle Mängellagen in mehrfacher Hinsicht benachteiligt sind.

Barmer Vorstandsvorsitzender Dr. Johannes Vöcking stellte fest: Die Gleichung „jung gleich gesund‘ stimmt nicht mehr. Kürzlich wurde sogar darauf hingewiesen, dass unsere heutige Kindergeneration die erste sein wird, deren Lebenserwartung nicht mehr über ihrer Elterngeneration liegen wird. Deshalb sei es wichtig und richtig, das Ess- und Bewegungsverhalten so früh wie möglich positiv zu beeinflussen. Wir wissen, Lebensgewohnheiten werden meist schon in jungen Jahren geprägt. Deshalb muss Prävention hier ansetzen, rechtzeitig in Familien, Kindertageseinrichtungen und Schulen, forderte Vöcking.

Für eine gesunde Zukunft müssen wir dafür sorgen, die ernährungsbedingten und auf Bewegungsmangel zurückzuführenden Zivilisationskrankheiten zurückzudrängen. Wir brauchen ein öffentliches Bewusstsein für eine bessere Gesundheit von Kindern und Jugendlichen, betonte Vöcking.

Mehr Kinderfreundlichkeit im Alltag forderte Michaela Noll, Mitglied der Kinderkommission im Deutschen Bundestag: Die Zukunft unserer Kinder hängt entscheidend davon ab, ob es Politik und Gesellschaft schaffen, ein kinderfreundliches Klima zu gestalten. Die Kinderkommission will dazu beitragen, dass Deutschland zu einem Land wird, in dem Kinder nicht verwahrlosen, in dem kein Schild mit der Aufschrift „Spielen verboten‘ mehr gibt und in dem Kinderlärm kein Grund für Gerichtsurteile ist.

Auf die Bedeutung der richtigen Nutzung von Medien wies Dr. Thomas Bellut, Programmdirektor des ZDF, hin: Die Gefahren, dass Kinder Medien falsch nutzen, sind groß. Eltern sind hier die Vorbilder, wenn es um Mediennutzung geht. Richtige Mediennutzung funktioniert nur über Kompetenz von Kindern und Eltern. Die Medien tragen die Verantwortung mit, den Kindern den richtigen Umgang zu zeigen und Eltern Hilfestellung zu geben. Fernsehen und Internet können Inhalte bieten, die Kindern Spaß, sie aber nicht zu reinen Konsumenten machen und müssen mehr sein als glotzen und surfen.

Kindern Denkanstöße liefern will auch Ki.Ka – der Kinderkanal von ARD und ZDF. Er hat deshalb in Kooperation mit der Barmer und anderen Partnern die Fernseh-Kampagne „Spot Fit!“ gestartet, in deren Mittelpunkt ein TV-Wettbewerb steht, der Kinder auffordert, selbst Werbung für das Thema „Clever essen und bewegen“ zu machen. So macht sich der Sender immer wieder zur Aufgabe, auf Defizite in der Gesellschaft hinzuweisen. In diesem Jahr wird insbesondere das Thema „Ernährung und Bewegung‘ in den Mittelpunkt gestellt, so Frank Beckmann, Geschäftsführer vom Ki.Ka.

Auch für die Arbeit des aid infodienstes gehöre es zum Selbstverständnis, ein Netzwerk mit allen Experten der jeweiligen Fachgebiete in Deutschland zu bündeln, betonte deren Geschäftsführender Vorstand Dr. Margret Büning-Fesel. Letztlich muss jedoch die gesamte Gesellschaft aktiv werden, wenn es um die Prävention gesundheitlicher Probleme wiez.B.Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen geht. Hier sind nicht nur Gesundheitsprofis gefragt, sondern alle, die mit Kindern zu tun haben , so Büning-Fesel.

Ein kinderfreundliches Deutschland forderte auch Prof. Dr. Thomas Rauschenbach, Direktor des Deutschen Jugendinstitutes in München: Keiner schafft es alleine! Nur in einem verbesserten Zusammenspiel von privater und öffentlicher Bildung, Betreuung und Erziehung wird man den Herausforderungen gerecht. Auf die Verbesserung der sozialen Bedingungen für Kinder und Jugendliche verweist auch Dr. Wolfram Hartmann, Präsident des Berufsbandes der Kinder- und Jugendärzte: Die Studienergebnisse des Robert-Koch-Instituts über die Kindergesundheit in Deutschland haben ganz deutlich gezeigt, dass Kinder und Jugendliche aus unteren sozialen Schichten in ihrer Entwicklung gegenüber den anderen Kindern und Jugendlichen erheblich benachteiligt sind und Defizite aufweisen, die einer dringenden Förderung bedürfen.

Kinder im wahrsten Sinne des Wortes in Bewegung zu bringen ist auch ein Ziel der großen Gesundheitsinitiative „Deutschland bewegt sich!“, eine Initiative der Barmer in Kooperation mit dem ZDF und Bild am Sonntag. Die Initiative brachte inzwischen über 20 Millionen Menschen auf die Beine, so erfolgreich, dass sie sich im Wettbewerb „365 Orte im Land der Ideen“ durchsetzen konnte und als „Ausgewählter Ort 2007“ ausgezeichnet wurde. Dr. Johannes Vöcking erhielt heute von Tomas Brühne, Direktor Firmenkunden Deutschland der Deutschen Bank, eine Ehrentafel sowie eine von Bundespräsident Horst Köhler, Schirmherr des Wettbewerbs, unterzeichnete Urkunde. „Deutschland bewegt sich!“ ist mehr als ein bundesweites Projekt, die Deutschen zu einer gesünderen Ernährung und sportlicher Lebensweise zu motivieren. Die Initiative ist auch ein herausragendes Beispiel dafür, wie erfolgreich unternehmerischer Geist, Kreativität, Ideenreichtum und Kooperationsbereitschaft mit einem gemeinsamen Ziel vor Augen sein können, begründete Brühne die Auszeichnung.

 

Pressemitteilung der Barmer

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