Ist ein Bauherr, der für eine 100.000 Euro-Hypothek jährlich 4,5 Prozent Zinsen zahlt und ein Prozent tilgt, eher schuldenfrei als derjenige, der 100.000 Euro zu 8,0 Prozent Zinsen aufgenommen hat und ebenfalls ein Prozent tilgt?
Auf diese Frage wissen nur die wenigsten Laien die richtige Antwort. Denn nicht derjenige mit dem niedrigen Zinssatz, sondern der mit der hohen Zinsrate hat seinen Kredit früher getilgt.
„Die Laufzeit eines Darlehens hängt nicht nur von der Zinshöhe ab, sondern vor allem von der Höhe der Tilgung“, so Andrea Hoffmann, Finanzexpertin von der Verbraucherzentrale Sachsen. „Dabei spielt der Kreditbetrag keine Rolle“. Bei einem langjährigen Durchschnittszins für Hypothekendarlehen von 8,0 Prozent dauert die Rückzahlung bei einer einprozentigen Tilgung etwa 27,5 Jahre.
Wer in der gegenwärtig noch andauernden Niedrigzinsphase ein Darlehen mit einem Nominalzins von 4,5 Prozent pro Jahr aufnimmt, benötigt bei gleicher Tilgungsrate jedoch 38 Jahre, bis er schuldenfrei ist. Grund für die viel längere Laufzeit ist die wesentlich geringere Rate von nur 458,33 Euro. Im Gegensatz dazu zahlt der Kreditnehmer des hoch verzinsten Darlehens monatlich 750 Euro.
Diese Rate – auch Annuität genannt – bleibt konstant und setzt sich aus einem Zins- und einem Tilgungsanteil zusammen. Anfänglich ist dabei der Zinsanteil immer sehr hoch und der Tilgungsanteil sehr niedrig. Mit fortschreitender Zeit erhöht sich jedoch der Tilgungsanteil, während sich die Zinsen verringern.
Bei niedrigen Hypothekenzinsen ist nun die monatliche Tilgung durch die günstige Monatsrate automatisch geringer. „Sinnvoll ist es deshalb, die Niedrigzinsphase für höhere Tilgungsleistungen zu nutzen“, rät Andrea Hoffmann. Wer sich eine so hohe Rate, wie bei einem Zinssatz von 8,0 Prozent leisten kann, ist dann viel schneller schuldenfrei.
Wer statt 458,33 Euro die 750 Euro pro Monat zahlen kann, was einem Tilgungssatz von 4,5 Prozent entspricht, sei schon nach 15,5 Jahren mit der Rückführung des Darlehens fertig, so die Verbraucherschützerin.