Wenn das Finanzamt irrt, muss es auch die Kosten tragen

Ein Steuerzahler muss davon ausgehen können, dass der für ihn zuständige Finanzbeamte stets auf dem neuesten Stand der Rechtsprechung ist. Trifft das nicht zu und ist der Bürger deswegen gezwungen, sich sein Recht mit Hilfe eines Steuerberaters erst zu erstreiten, dann haftet der Fiskus für die daraus entstehenden Kosten.

Zu diesem Urteil kam das Oberlandesgericht Koblenz, wie der Infodienst Recht und Steuern der LBS berichtet. Im verhandelten Fall lag ein Immobilienbesitzer im Streit mit dem Finanzamt. Es ging dabei um die Frage, ob der Betroffene einen gewerblichen Grundstückshandel betreibe oder nicht. Der Bürger war der Meinung, dass dies nicht der Fall sei. Der Fiskus vertrat die gegenteilige Ansicht und erließ entsprechende, für den Steuerzahler ungünstige Bescheide.

Das wollte sich der Benachteiligte nicht gefallen lassen. Er suchte die Hilfe eines Steuerberaters und konnte auf die aktuelle Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs verweisen, die für ihn günstig war. Der Finanzbeamte hatte dieses Urteil nicht gekannt und deswegen anders entschieden. In einem Prozess bekam der Bürger Recht. Nun aber verklagte der Betroffene den Fiskus: Er wollte seine Steuerberaterkosten ersetzt bekommen, die schließlich nicht entstanden wären, wenn man im Amt über die Rechtslage Bescheid gewusst hätte.

Die Richter eines Koblenzer Zivilsenats schlossen sich der Meinung des Steuerzahlers an und verurteilten das Finanzamt, die Kosten für die zusätzliche Beratung durch einen Fachmann zu übernehmen. Ein Sachbearbeiter des Finanzamts muss nach Ansicht der Richter behördenintern zeitnah über die grundlegenden Urteile des Bundesfinanzhofs informiert werden. Ist das nicht der Fall, liegt ein Organisationsverschulden vor, das zur anschließenden Amtshaftung führen kann. Dabei ist es völlig egal, ob der einzelne Beamte zum jeweiligen Zeitpunkt nach bestem Wissen und Gewissen handelte. Gerade bei Behörden wie dem Finanzamt, die durch den Erlass von Bescheiden selbst vollstreckbare Titel schaffen, müsse ein besonders strenger Sorgfaltsmaßstab angelegt werden, argumentierten die Koblenzer Richter. (Az. 1 U 1588/01)

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