Wachsender Wohnungsbedarf bis 2010

Nach siebenjähriger Talfahrt im deutschen Wohnungsbau steht das Urteil der Wohnungsmarktexperten nahezu einhellig fest: In der zweiten Hälfte des Jahrzehnts wird der jährliche Neubaubedarf in der Bundesrepublik insgesamt nicht weiter sinken. Eher wird er sogar wieder über die Marke von 300.000 Wohneinheiten wachsen.

Das ist das Ergebnis einer aktuellen Umfrage der Landesbausparkassen (LBS), an der sich elf unabhängige Institute aus Wissenschaft und Beratungspraxis – darunter DIW, Prognos und die „Immobilienweisen“ Bulwien und empirica – beteiligt haben. Vier Institute prognostizieren für den Zeitraum 2005 bis 2010 einen Neubaubedarf, der um mehr als zehn Prozent über dem Fertigstellungsergebnis des Jahres 2002 liegt. Damals wurden in ganz Deutschland 290.000 neue Wohneinheiten registriert, 2003 dürfte das Resultat in der gleichen Größenordnung gelegen haben. Fünf weitere befragte Experten sehen den erforderlichen Neubau für den Rest des Jahrzehnts in etwa auf dem aktuellen Niveau. Nur zwei Institute weichen mit einer pessimistischeren Prognose vom generellen Experten-Trend ab.

Hinter den globalen Zahlen verbergen sich durchaus differenzierte Prognosen für die unterschiedlichen Regionen der Republik, mit Wachstums- wie Stagnationstendenzen. Das wird auch an den unterschiedlichen Einschätzungen für die alten und neuen Bundesländer deutlich. Während sich die von den Experten erwarteten Bedarfszahlen für Westdeutschland zwischen knapp 200.000 und annähernd 300.000 Wohneinheiten bewegen, schwanken die Vorhersagen für Ostdeutschland deutlich stärker, nämlich zwischen lediglich 25.000 und über 60.000.

Die befragten Wohnungsmarktexperten haben bei ihrer Prognose die seit dem 1. Januar 2004 geltenden neuen Förderbedingungen für den Wohnungsbau bereits berücksichtigt. Wichtiger für die mittelfristige Nachfrage ist nach Einschätzung der Experten von LBS Research aber, dass die Bevölkerung ¿ allen Unkenrufen zum Trotz ¿ nach der Statistik Jahr für Jahr noch weiter zunimmt. Außerdem werden die Haushalte im Schnitt immer kleiner, sowohl durch jüngere Singles als auch durch allein stehende Senioren. Unstreitig steigt deshalb die Zahl der Haushalte weiter an, in Ostdeutschland noch rund ein Jahrzehnt, im Westen der Republik sogar noch bis weit nach dem Jahr 2020.

Mindestens genauso entscheidend für die mittelfristige Nachfrage ist nach Auffassung der Experten, dass die Wohnungsnachfrage erfahrungsgemäß mit anspringender Konjunktur und Verbesserung der Beschäftigungslage stabiler wird bzw. wieder spürbar zunimmt. Dabei gehen die befragten Experten in punkto Bruttoinlandsprodukt (BIP) fast einhellig von einer Rückkehr zum Wachstumspfad aus, wenn auch in einem moderaten Bereich von ein bis zwei Prozent real.

Unterschiedliche Einschätzungen gibt es schließlich aktuell bei den Experten zu der Frage, ob der künftige Schwerpunkt der Neubautätigkeit bei selbstgenutztem Wohneigentum oder beim Mietwohnungsbau liegt. Ein Drittel der Institute hält nach dem drastischen Niedergang des Mietwohnungsbaus der letzten Jahre hier eine bescheidene Erholung für plausibel. Die klare Mehrheit geht jedoch davon aus, dass der Wohnungsbaubedarf in Zukunft noch stärker als bisher von Wohneigentumsinteressenten getragen wird, auf die heute bereits über 70 Prozent des Neubaus entfallen.

Die Umfrage-Ergebnisse dürfen nach Auffassung der Experten von LBS Research weder von den Verantwortlichen in der Bau- und Wohnungswirtschaft noch von der Politik auf die leichte Schulter genommen werden. Vielmehr müsse vor einer wachsenden Schere zwischen steigender Nachfrage in den nächsten Jahren bei gleichzeitig zunächst weiter sinkendem Neubauangebot gewarnt werden. Im laufenden Jahr werde der Wohnungsbau noch auf dem Niveau der letzten Jahre mit etwas weniger als 300.000 Einheiten verharren, denn eine nicht unbeträchtliche Zahl von Interessenten habe angesichts der seit Beginn dieses Jahres geltenden Kürzung der Neubauförderung die Neubauabsicht vorgezogen.

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