Soziale Ausgrenzung per Kontoverweigerung

Ob bei Kontopfändung oder Kreditkündigung: Klammen Kunden entziehen Banken und Sparkassen – entgegen einer freiwilligen Selbstverpflichtung – vielfach auch noch das Girokonto . Die Schulden türmten sich zu rund 30.000 Euro, da wurde Jörg H. wegen eines Rückenleidens arbeitslos. Mit der Stütze vom Staat konnte der frühere Lagerist das bei mehreren Instituten angehäufte Soll nicht mehr zurückzahlen. Als die monatlichen Raten ausblieben, kündigte die Sparkasse Essen den Kredit – und in einem Aufwasch auch das Girokonto . Eine Praxis die von Verbraucherschutz-Organisationen heftig kritisiert wird.

Kontopfändung oder Kündigung des Darlehens = Verlust des Girokonto s – an dieser Gleichung finden Geldhäuser landauf, landab Gefallen. Juristin Birgit Höltgen von der Verbraucherzentrale NRW beobachtet „flächdeckend die Tendenz von Instituten, unliebsame Kunden loszuwerden“. Anderen bleibt diese Erfahrung erspart. Sie bekommen erst gar kein Konto, weil bei der Schufa Hinweise auf Schulden vorliegen.

Damit verbauen Institute normales Leben. Ohne Girokonto fällt es schwer, Job und Wohnung zu finden. Versorger mit Strom, Gas und Wasser möchten ebenso abbuchen wie Telefongesellschaften und Zeitungsverlage. Ohne Konto muss jede Überweisung am Bankschalter bar eingezahlt werden. Für diesen höheren Aufwand kassieren Institute happige Entgelte.

Mit der sozialen Ausgrenzung per Kontoverweigerung verstößt das Finanzgewerbe gegen den eigenen Kodex. Denn um gesetzliche Regelungen zu vermeiden, haben sich Banken und Sparkassen 1995 freiwillig verpflichtet, Girokonten für jedermann zumindest auf Guthabenbasis zu führen. Diese Variante erlaubt fürs Alltagsleben notwendige Abbuchungen und Überweisungen, ohne dass das Konto ins Soll rutschen kann. Die Realität sieht anders aus. Schuldnerberater quer durch die Republik hören beständig Klagen über gekündigte oder versagte Konten.

Verbraucherschützer sammeln derzeit bundesweit Beschwerden, um das Geldgewerbe zu bewegen, sich ans eigene Versprechen zu halten, und um Politiker auf den Missstand aufmerksam zu machen. Besser als eine bloße Selbstverpflichtung sei eine eindeutige gesetzliche Regelung, so Birgit Höltgen von der Verbraucherzentrale NRW. Dieser Wunsch zielt auch auf die öffentlich-rechtlichen Sparkassen, die zwar per Verordnung gehalten sind, jedem Kunden ein Girokonto zu gewähren, dies aber nur ungern umsetzen.

    Recht auf Girokonto
    Verbände der Schuldnerberatung und Verbraucher-Organisationen dokumentieren zur Zeit Beschwerden über gekündigte und verweigerte Girokonten. Die Fallsammlung soll die Notwendigkeit unterstreichen, das Recht auf ein Girokonto per Gesetz zu regeln. Betroffene können sich bei allen Schuldnerberatungsstellen und den Beratungsstellen der Verbraucher-Zentrale NRW melden. Online geht´s auch. Der Fragebogen „Recht auf Girokonto “ findet sich unter forum-schuldnerberatung sowie unter bag-schuldnerberatung

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