Die argentinische Insolvenz und ihre Verlierer

Zwei Seiten der Medaille: Gewinner und Verlierer eines nationalen Desasters. Letzte Bemühungen des Landes, seine Staatsschulden pünktlich zahlen zu können, waren vergebens. Leidtragende sind dabei Argentiniens Gläubiger und die Bevölkerung. Nur Anwälte, Banker und einige wenige Investoren werden einen Profit aus der Misere ziehen.

 

Allianz SE
München, 19.08.2014

Mohamed El-Erian, Chief Economic Adviser der Allianz

Trotz hektischer Verhandlungen in letzter Minute, konnte Argentinien mit seinen sogenannten Holdout-Gläubigern (den Verweigerern) keine Einigung finden, die der Regierung eine pünktliche Zahlung ihrer Staatsschulden ermöglicht hätte. Als Resultat hat das Land seinen Status als einer der weltweit schlimmsten Serienschuldner gefestigt.

 

Die Nation Argentinien ist dabei der größte Verlierer. Die Kreditaufnahme auf internationalen Märkten wird sich für das Land in Zukunft schwieriger gestalten und es wird auch mehr dafür bezahlen müssen. In Zukunft werden Ausländer von der Tätigung direkter Investitionen abgehalten und Argentinier zu höherer Geldentnahme angehalten, was das Wachstumspotenzial des Landes weiter einschränken wird.

 

Die sich verschlechternden wirtschaftlichen und finanziellen Bedingungen Argentiniens sind für die Regierung unter Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner schlechte Nachrichten. Anzeichen von Inkompetenz und Korruption haben ihrer Glaubwürdigkeit bereits Schaden zugefügt, was die Regierung eines Landes, das weit unter seinem Potential agiert, für die Behörden weiter erschweren wird. Weiterhin wird dadurch das Wohlergehen sowohl derzeitiger als auch zukünftiger Generationen geschwächt.

 

Die Mehrheit der Gläubiger Argentiniens sind ebenfalls große Verlierer. Bei früheren Umstrukturierungen zogen sie mit; als eine Möglichkeit der Hilfe für das Land, seine Stabilität zurückzugewinnen, und als Möglichkeit der Sicherung ihrer finanziellen Forderungen während des Prozesses (wenn auch mit einem unter dem ursprünglichen vertraglichen Nennwert). Sie hatten allerdings nicht einkalkuliert, dass eine Minderheit von Holdout-Gläubigern unter Nutzung des US-amerikanischen Rechtssystems darin Erfolg haben würde, Zahlungen von umstrukturierten Schulden zu stoppen.

 

Die Anlageklasse der aufstrebenden Märkte ist ebenfalls in einer misslichen Lage. Das argentinische Debakel wird mit Sicherheit die Internationale Gemeinschaft zu Initiativen animieren, welche die Möglichkeiten, dass Minderheitsgläubiger zukünftig ähnliche Schäden anrichten könnten, mindern werden. Das Resultat wird eine Erosion der Gläubigerrechte sein.

 

Die Holdouts werden nicht so gut wegkommen, wie sie glauben. Ja, sie haben Argentinien an den Abgrund gebracht und ihre rechtliche Macht und ihr strategisches Geschick demonstriert. Doch ihr Ansatz, einen allgemeinen Staatsbankrott zu erzwingen, könnte durchaus den aktuellen Nettowert ihrer Forderungen an Argentinien mindern. In der Zwischenzeit werden sie erhebliche Gerichtskosten zu der bereits sehr hohen Rechnung addieren.

 

Es hat allerdings nicht jeder verloren. Anwälte werden eine Menge Geld verdienen, genauso wie die Banker, die bemüht sein werden, ein Chaos an nicht eingehaltenen Verpflichtungen zu ordnen.

 

Dann gibt es noch die wenigen scharfsinnigen Investoren, die der konventionellen Weisheit nicht zustimmen wollten, dass sich Rationalität schließlich durchsetzen wird. Anstatt anzunehmen, dass eine Vereinbarung zur Vermeidung eines „Lose-Lose-Lose“-Ausgangs gefunden werden würde, sagten sie voraus, dass die sehr etablierten und — mittlerweile — ziemlich dogmatischen Verhandlungsparteien keine Lösung für die Hauptprobleme finden würden. Sie sollten Recht behalten und durch ihr Setzen auf eine Zahlungsunfähigkeit (hauptsächlich unter Nutzung der Credit Default Swaps), spekulieren sie nun auf eine stattliche Auszahlung.

 

Die Gewinne der Anwälte, Banker und einigen wenigen nonkonformistischen Investoren verblassen jedoch im Vergleich zu dem Schaden, der nun der argentinischen Bevölkerung zugefügt wird. Es sei denn, es geschieht noch ein Wunder. Sicherlich gab es einen besseren Weg, wie Gläubiger und Schuldner hätten interagieren können.

 

 

Von Mohamed A.El-Erian, im Original erschienen auf Bloomberg view am 31.07.2014. Abdruck mit Einverständnis. Die Meinungen im Artikel entsprechen denen des Autors.

  Weitere Informationen Das neue Gesicht der Globalisierung Hat die Fed eine Blase geschaffen? Läuft die Weltbank Gefahr, Asien zu verlieren? Ein Trio wirtschaftlicher Probleme macht Europa Angst Die Lehren aus der Fußballweltmeisterschaft   Vorbehalt bei Zukunftsaussagen

Diese Aussagen stehen, wie immer, unter unserem Vorbehalt bei Zukunftsaussagen:

 

Disclaimer   Kontakt für Presse

Petra Brandes
Allianz Group
Tel.: +49.89.3800-18797
E-Mail senden

  Mehr auf allianz.com Warum weitere Währungsschwankungen bevorstehen 02.09.2014 | Allianz SE

Die wichtigsten Währungen der Welt, die sich bisher innerhalb einer vergleichsweise stabilen Bandbreite bewegt hatten, sind jetzt wieder in Bewegung – befeuert durch eine unterschiedliche regionale Wachstumsdynamik und Zinsentwicklung, sowie durch schwelende geopolitische Spannungen. Entscheidenden Einfluss auf das Ausmaß dieser Währungsbewegungen hat die Geldpolitik der EZB.

Mehr dazu… Wenn die Zeit knapp ist! 01.09.2014 | Allianz SE

Egal ob Facebook, Google+ oder Xing, die Nutzererwartungen an Unternehmen sind hoch. Allein 50 Prozent aller Frauen erwarten eine Antwort auf ihre Servicefragen innerhalb von nur einer Stunde, wobei der männliche Gegenpart etwas geduldiger ist. Nur 35 Prozent der Männer erwarten eine Antwort in dieser Zeit. Doch Kundenverständnis und guter Service kann durchaus Früchte tragen.

Mehr dazu… Der Kampf gegen die Langzeitarbeitslosigkeit ist noch nicht zu Ende 28.08.2014 | Allianz SE

Die Langzeitarbeitslosigkeit ist ein Fluch. Sie trägt entscheidend zur Armut und zur Aushöhlung der Mittelschicht bei. Trotz der Fortschritte der USA im Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit im bisherigen Jahresverlauf, muss noch viel getan werden. Nur so kann das Wohlergehen heutiger und künftiger Generationen gewahrt werden.

Mehr dazu… Mehr dazu…

Pressemitteilung Allianz ( Allianz SE
München, 19.08.2014 )

Schreibe einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
* Pflichtfelder

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.