Bundesrechnungshof mahnt Vereinfachung des Steuerrechts an

„Die gesetzmäßige Besteuerung von Arbeitnehmern ist weiterhin nicht gewährleistet“, sagt der Präsident des Bundesrechnungshofes Prof. Dr. Dieter Engels. Und dies trotz stärkerer IT-Unterstützung, wie der Einführung eines Risikomanagements. „Wir sehen weiterhin großen Handlungsbedarf zur Verbesserung des Steuervollzugs“, so Prof. Dr. Dieter Engels. Zu diesem Ergebnis gelangt der Bundesrechnungshof in einem Bericht über den Vollzug der Steuergesetze, den er dem Parlament und der Bundesregierung zugeleitet hat.
Bereits im Jahr 2006 hatte der Präsident des Bundesrechnungshofes in einem Gutachten auf Defizite beim Vollzug von Steuergesetzen hingewiesen. Die Situation hat sich seither nicht verbessert.

In seinem aktuellen Bericht zeigt der Bundesrechnungshof, dass – neben einer weiterhin angespannten Personalsituation in der Steuerverwaltung – das komplexe und sich immer schneller ändernde Steuerrecht eine Hauptursache für die Vollzugsdefizite ist. Viele gesetzliche Bestimmungen sind lang und schwer verständlich formuliert.

Im Einkommensteuerrecht hat sich seit dem Jahr 2006 die Zahl der Gesetzesänderungen von durchschnittlich 7,5 auf fast 10 Änderungen pro Jahr erhöht.

Der Einsatz eines Risikomanagements gewährleistet den gesetzmäßigen Steuervollzug bisher nicht. Beim Risikomanagement entscheidet ein programmgesteuerter Risikofilter, ob die Steuer maschinell festgesetzt wird oder ob die Beschäftigten der Finanzämter den Fall persönlich prüfen müssen. So stellt der Bundesrechnungshof in seinem Bericht fest, dass das maschinelle Risikomanagement die Schlüssigkeit der Angaben der Steuerpflichtigen nur zum Teil prüfte und es dadurch zu unzutreffenden Steuerfestsetzungen kam. Damit verstößt sie gegen ihre gesetzliche Pflicht, zumindest die Plausibilität der Steuererklärungen zu prüfen. So wurde beispielsweise die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen in 80 bis 90 % der Fälle gewährt, ohne dass die Finanzämter die Voraussetzungen prüften.

Die als risikoarm eingestuften und maschinell anerkannten Werbungskosten enthielten häufig unschlüssige Angaben. Der Anteil der Fälle mit unschlüssigen Angaben lag bei den unterschiedlichen Werbungskosten zwischen 34 und 100 %. Da der Risikofilter nur Zahlen miteinander abglich, war er oft nicht in der Lage zu erkennen, ob dem Grunde nach ein steuerlich berücksichtigungsfähiger Sachverhalt vorlag.

Daneben bearbeiteten die Beschäftigten auch die risikobehafteten Fälle oft fehlerhaft und setzten die Steuern unzutreffend fest. Bei den fünf häufigsten Werbungskostenarten betrugen die Fehlerquoten zwischen 36 und 68 %.

Beispielhaft wird im Bericht Folgendes festgestellt:
Bei den Werbungskosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gab das maschinelle Risikomanagement in 76 % der eingesehenen Fälle mit diesen Werbungskosten keinen Risikohinweis. Weil die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte kaum einer Schlüssigkeitsprüfung unterzogen werden kann, setzte der Bundesrechnungshof einen Routenplaner ein. In 52 % dieser Fälle ohne Risikohinweis waren die Anzahl der Arbeitstage oder die Entfernungskilometer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte deutlich überhöht. Durchschnittlich wurden dabei je Fall 333 Euro zweifelhafte Werbungskosten anerkannt.

Da die Steuerpflichtigen oft nicht zwischen Arbeitsmitteln und weiteren Werbungskosten unterschieden, untersuchte der Bundesrechnungshof 24 diese Werbungskosten gemeinsam. Die Aufwendungen für Arbeitsmittel und die weiteren Werbungskosten können eine Vielzahl unterschiedlicher Werbungskosten umfassen, z. B. Aufwendungen für einen Computer oder für die Reinigung von Arbeitskleidung. Die Steuerpflichtigen sollen deshalb die Art der Aufwendungen in Textfeldern erläutern und die Einzelbeträge zu einer Summe addieren. Das maschinelle Risikomanagement steuerte 85 % der eingesehenen Fälle mit Werbungskosten für Arbeitsmittel und weiteren Werbungskosten nicht zur Prüfung dieser Werbungskosten durch die Beschäftigten aus. 60 % dieser Steuererklärungen enthielten unschlüssige Angaben. Dadurch wurden beispielsweise Kranken- oder Kraft- fahrzeugversicherungsbeiträge zu Unrecht als Werbungskosten anerkannt. Je beanstandetem Fall waren durchschnittlich 155 Euro Werbungskosten zweifelhaft.

Aus diesen Gründen sieht der Bundesrechnungshof weiterhin großen Handlungsbedarf zur Verbesserung des Steuervollzugs. Er empfiehlt insbesondere eine grundlegende Vereinfachung des Steuerrechts, damit die Angaben der Steuererklärungen stärker IT-gestützt geprüft werden können. So regt er für die Arbeitnehmerbesteuerung insbesondere eine Neuordnung des Werbungskostenabzugs an. Zudem empfiehlt er eine kontinuierliche Weiterentwicklung des Risikomanagements.

Der aktuelle Bericht des Bundesrechnungshofes sowie das Gutachten aus dem Jahr 2006 sind auch unter www.bundesrechnungshof.de abrufbar.

Pressemitteilung und Material des Bundesrechnungshofes

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