Eigentümer dürfen Immobilie nicht uneingeschränkt überwachen

Die moderne Elektronik ermöglicht Haus- und Grundbesitzern eine nahezu lückenlose Überwachung ihrer Immobilie. Überall können heute – vergleichsweise preiswert und auch sehr unauffällig  Videokameras angebracht werden.

Die Geräte liefern dann fortwährend Bilder in das heimische Wohnzimmer von dem, was draußen vor sich geht. Aber auch schlichte, althergebrachte Fotos sind immer noch gefragt. Zum Beispiel, um die Aufnahmen von fremden Anwesen im Internet zu veröffentlichen, wie das gelegentlich geschieht.

Doch nicht alles, was technisch möglich ist, wird von den Gerichten auch gestattet. Gerade im Bereich der Videoüberwachung gelten strenge Vorschriften. Keinesfalls dürfen die Persönlichkeitsrechte von ahnungslosen Passanten verletzt werden. Kollidieren die Interessen von Grundstückseigentümern und „Überwachte“, dann entscheidet sich die Justiz häufig gegen die lückenlose Beobachtung und für die Bürgerrechte. Der Infodienst Recht und Steuern der LBS hat einige Fälle zu dem Thema gesammelt.

Grundsätzlich wird Hauseigentümern von der Justiz zwar nicht das Recht bestritten, dass sie aus Sicherheitsgründen ein Videoüberwachungssystem installieren. Aber es muss dabei streng darauf geachtet werden, durch eine Beschilderung auf die Überwachung hinzuweisen und allenfalls sehr eingeschränkt in den öffentlichen Raum hinein zu filmen. Das Amtsgericht Berlin-Mitte (Aktenzeichen 16 C 427/02) machte einem Grundstücksbesitzer dementsprechend strenge Auflagen. Erlaubt sei lediglich das Filmen der Geschehnisse in einem schmalen Streifen entlang der Hauswand, hieß es im Urteil. So könne einerseits die Sicherheit gewährleistet werden, andererseits sei kein unbeteiligter Dritter zu erkennen.

Auf Videoüberwachung hinweisen

Es ist also den Hausbesitzern dringend zu empfehlen, Videoaufnahmen wenigstens nicht heimlich zu machen, sondern deutlich darauf hinzuweisen. Das verbessert die Chancen bei einer späteren gerichtlichen Auseinandersetzung deutlich. Doch auch dieses Vorgehen reicht nicht immer aus, eine Überwachung zu rechtfertigen, wie das Amtsgericht München (Aktenzeichen 423 C 34037/08) entschied. Zwar hätten sich die Mieter dank einer vorherigen Information des Eigentümers auf das Kameraauge über dem Eingang einstellen können. Aber für einen solchen Eingriff müsse schon eine bessere Begründung vorhanden sein als ein vager Verdacht auf künftige Straftaten. Denn es sei wichtig, dass Hausbewohner unüberwacht Besuch empfangen bzw. selbst ohne Kontrolle kommen und gehen könnten.

Innerhalb einer Immobilie muss sich normalerweise niemand fotografieren lassen. Hier überwiegen nämlich die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen. Werden allerdings in einem öffentlichen Gebäude Aufnahmen erstellt und hat der Fotograf klar vernehmbar um ein Zeichen des Widerspruchs gebeten, wenn jemand nicht mit auf das Bild möchte, dann sollte man seine Meinung auch klar zum Ausdruck bringen. Das Landgericht Bochum (Aktenzeichen 8 O 214/06) wies jedenfalls die Schmerzensgeldklage einer Frau zurück, die nicht reagiert hatte, sich aber im Nachhinein durch die Veröffentlichung der Aufnahme in ihren Persönlichkeitsrechten schwer verletzt gesehen hatte.

Ein Fachbetrieb für Sicherheitstechnik, der ständig mit Videoüberwachungen zu tun hat, sollte seine Kunden auf die damit verbundenen juristischen Aspekte hinweisen. Vor allem ist es seine Pflicht, an die Rechte möglicherweise gefilmter Nachbarn zu erinnern. Ist allerdings die Firma bei der Anbringung der Kameras (hier: sieben Geräte auf einem Privatgrundstück) korrekt vorgegangen und hat sie öffentliche und fremde private Flächen aus dem Blickwinkel der Objektive genommen, dann kann sie nach Ansicht des Bundesgerichtshofes (Aktenzeichen VI ZR 176/09) nicht bei späteren Klagen der Nachbarn gegen den Betreiber der Anlage in Anspruch genommen werden.

Keine heimlichen Aufnahmen

Schärfste rechtliche Anforderungen gelten, wenn im privaten Bereich heimliche Videoaufnahmen gefertigt werden sollen, zum Beispiel zur Überführung eines Straftäters. In diesem Falle muss das Prinzip der Verhältnismäßigkeit gewahrt werden. Das heißt, es darf nicht ein vergleichsweise niedrig anzusiedelndes kriminelles Verhalten mit einer umfassenden Ausspähung „beantwortet“ werden. Das Oberlandesgericht Köln (Aktenzeichen 24 U 12/05) verwarf aus diesem Grunde heimlich erstellte Aufnahmen eines Vermieters aus der Waschküche, der damit einer Mieterin eine Sachbeschädigung an den Waschmaschinen nachweisen wollte. „Das rechtswidrig erlangte Videoband durfte nicht in Augenschein genommen werden“, hieß es in dem Urteil.

Die vorsorgliche Überwachung eines Kfz-Stellplatzes mit Hilfe einer Videokamera ist höchst problematisch. Ein Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft hatte vom Balkon aus den Parkplatz gefilmt, um mögliche Beschädigungen des eigenen Autos zu dokumentieren bzw. Täter von vorneherein abzuschrecken. Dadurch fühlte sich ein Nachbar gestört, der auf dem Weg zu seinem eigenen Pkw wider Willen ins Visier der Kamera geriet. Das Oberlandesgericht Düsseldorf (Aktenzeichen I-3 Wx 199/06) gab ihm Recht bei seiner Beschwerde. Der Nachbar könne ja noch nicht einmal nachprüfen, ob und wann die Aufzeichnungen überhaupt wieder gelöscht würden, argumentierten die Richter unter anderem.

Auch Schmierereien im Hausflur reichen in der Regel nicht aus, um die dauerhafte Anbringung zweier Videokameras im Aufzug einer Wohnanlage zu rechtfertigen. Eine Vermieterin hatte sich über derartige Sachbeschädigungen geärgert und den Mietern gegenüber die Installation der Kameras angekündigt. Niemand beschwerte sich. Später, als dann die Überwachung bereits lief, ordnete das Kammergericht Berlin (Aktenzeichen 8 U 83/08) auf die dann doch erfolgte Klage einer Mieterin die Entfernung der Objektive an. Hier seien die Persönlichkeitsrechte wichtiger als eine Entlarvung von Schmierern.

Der Schutz vor Kameras ist aber nicht grenzenlos. „Die Veröffentlichung von Fotos eines Wohnhauses stellt keinen Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht dar“, urteilte das Landgericht Köln (Aktenzeichen 28 O 578/09) in einem Zivilprozess. Eine Internetplattform hatte einzelne Aufnahmen von Häusern, Straßen und Plätzen präsentiert. Eine Anwohnerin klagte dagegen. Die Richter kamen aber zu dem Ergebnis, dass auf den Fotos auch nicht mehr zu sehen sei, als ohnehin jeder an dem Anwesen vorbei gehende Passant erkennen könne. Problematisch wäre lediglich eine Verknüpfung der Aufnahmen mit den Namen der Hauseigentümer, doch das war hier nicht der Fall gewesen.

Pressemitteilung der LBS

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