Inkassotätigkeit bewegt in einem nahezu ungeklärten Raum

Inkassounternehmen sind Dienstleister, die Gläubigern dazu verhelfen, das ihnen geschuldete Geld einzutreiben. Den letzten Zahlen zufolge gibt es in Deutschland ca. 750 zugelassene Inkassounternehmen. Ca. 2/3 davon sind im Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V. (BDIU) organisiert. Nach Angabe des Verbandes wird jährlich ein Forderungsvolumen von über 22 Milliarden bewegt, von denen 4 Milliarden dem Wirtschaftskreislauf wieder zugeführt werden. Damit leisten Inkassounternehmen einen wichtigen Beitrag zum Funktionieren des Wirtschaftslebens.

Bedauerlicherweise gibt es jedoch unter den Betreibern von Inkassounternehmen nicht nur redliche Dienstleister. „Mit steigender Tendenz ist im Beratungsalltag der Verbraucherzentralen festzustellen, dass zahlreiche Inkassounternehmen mit zum Teil illegalen Methoden zwielichtige Forderungen eintreiben“, so Dr. Boris Wita von der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein.

Mangels verbindlicher Vorschriften bewegt sich die Inkassotätigkeit in einem nahezu ungeklärten Raum. Dies führt dazu, dass Inkassounternehmen keiner effektiven Aufsicht unterliegen, d.h. selbst bei eklatanten Verstößen gegen die Zulassungskriterien (wie z.B. Fachkenntnisse, Zuverlässigkeit, persönliche Eignung) wird die Zulassung nicht entzogen. Weiter gibt es keinen Sanktionenkatalog, der im Vorfelde eines Zulassungsentzugs etwaige Verstöße ahndet. Letztlich gibt es auch keine Koppelung zwischen der eigentlichen Forderung und zusätzlichen Inkassokosten (so wie z.B. in Österreich), so dass eine geringe Forderung von wenigen Euro sich durch die angeblichen Inkassokosten schnell verfünfzigfachen („angeschwollene Bagatellforderung“) kann.

Die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein hat die bisherige Praxis in Bezug auf die Entziehung der Erlaubnis untersucht. Dabei wurden alle 79 Aufsichtsbehörden in Deutschland angeschrieben und befragt, wie oft bereits eine Inkassoerlaubnis entzogen wurde und was hierfür der Grund gewesen ist. Folgende Ergebnisse traten dabei zu Tage:
– ein Fall wegen Alkoholismus
Рein Fall wegen Verm̦genslosigkeit
– ein Fall wegen Insolvenz
– drei Fälle wegen Wegfalls der Berufshaftpflichtversicherung
– zwei Fälle wegen Verbraucherbeschwerden.

Es gab also bei 79 Aufsichtsbehörden erst zwei dokumentierte Fälle, in denen aufgrund von Verbraucherbeschwerden die Erlaubnis entzogen wurde.

Dieses Ergebnis zeigt, dass es schlichtweg keine effektive Aufsicht über Inkassounternehmen in der Bundesrepublik gibt. Betrachtet man daneben die Vielzahl von Beschwerden (Zeitungsartikel, Berichterstattungen in Radio und TV, Pressemitteilung der Verbraucherzentralen etc.) über die so genannten schwarzen Schafe der Inkassobranche, wird der Handlungsbedarf umso deutlicher.

Pressemitteilung der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein

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