MDS fordert bessere Medizin und Pflege für Demenzkranke

Demenz ist eine Volkskrankheit. Experten prognostizieren eine Verdoppelung von derzeit 1,2 Mio. Menschen, die an einer Demenzerkrankung leiden, auf 2,4 Mio. in den nächsten 20 Jahren. „Deshalb ist es besonders dringlich, dass sich das pflegerische Versorgungssystem auf die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz einstellt“, so Dr. Peter Pick, Geschäftsführer des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS).
„Wenn wir die Versorgung von Menschen mit Demenz wirksam verbessern wollen, müssen wir die medizinische und die pflegerische Versorgung besser miteinander verzahnen“, sagte Pick auf der Veranstaltung „Update Demenz: Wie steht es um die Versorgung von Menschen mit Demenz?“ am 14. Dezember in Berlin. „Diagnostik, Kuration und Pflege müssen aufeinander abgestimmt sein.“
Defizite in der Versorgung von Menschen mit Demenz in stationären Pflegeeinrichtungen sind hinlänglich bekannt. Sie spiegeln sich auch in den Qualitätsprüfungen der Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) wider. Die ersten veröffentlichten Pflegenoten zum Bereich „Umgang mit demenzkranken Bewohnern“ zeigen, dass zwar die Hälfte der Einrichtungen gute Noten erreicht, bei immerhin einem Fünftel der Pflegeheime die Versorgung aber lediglich „ausreichend“ oder gar „mangelhaft“ ist.
Grundsatzstellungnahme fordert Verbesserung in Medizin und Pflege
Auf der Grundlage dieser Erfahrungen hat die MDK-Gemeinschaft die Grundsatzstellungnahme „Pflege und Betreuung von Menschen mit Demenz in stationären Einrichtungen“ erstellt. Optimierungsbedarf sehen die Autoren zum einen in der hausärztlichen und fachärztlichen Versorgung von Heimbewohnern. „Der erste Schritt zur Verbesserung der Versorgung muss heißen: Daran denken!“, so Dr. Ernst Eben vom MDK Bayern, Psychiater und Mitglied der Sozialmedizinischen Expertengruppe „Pflege“ der MDK-Gemeinschaft. „Nur 35 Prozent der Heimbewohner werden fachärztlich von einem Neurologen oder Psychiater behandelt und nur 20 Prozent erhalten eine antidementive Therapie.“
Zum anderen muss die pflegerische Versorgung in Pflegeheimen verbessert werden. „Wir müssen die Perspektive von Menschen mit Demenz konsequent zum Ausgangspunkt pflegerischer Interventionen machen“, fordert Uwe Brucker, zuständig für das Fachgebiet „Pflegerische Versorgung“ beim MDS. „Das passiert in der Praxis leider zu selten. Häufig wird an den Bedürfnissen der Menschen mit Demenz vorbeigepflegt.“ Die Folge seien etwa Angst- und Unruhezustände, die sowohl die Betroffenen selbst, ihre Angehörigen, die anderen Bewohner wie auch die Pflegekräfte zusätzlich belasteten.
Diskussion über erweiterten Pflegebegriff wieder aufnehmen
Darüber hinaus besteht in der Fachöffentlichkeit seit langem große Übereinstimmung, dass der aktuell gültige Pflegebedürftigkeitsbegriff die gerontopsychiatrischen gegenüber den vorwiegend somatisch Pflegebedürftigen vernachlässigt. „Das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz hat hier Verbesserungen erzielt, die sich vor allem auf die Entlastung und Unterstützung von pflegenden Angehörigen auswirken“, sagte MDS-Chef Pick. „Allerdings reicht dies nicht aus. Ich appelliere deshalb an die politisch Verantwortlichen, die Diskussion über einen neuen, erweiterten Pflegebedürftigkeitsbegriff zügig wieder aufzunehmen.“
Zum Hintergrund:
Demenz bestimmt die Versorgungsrealität in deutschen Pflegeheimen; mehr als die Hälfte der Bewohnerinnen und Bewohner leiden bereits aktuell unter einer demenziellen Erkrankung. Trotzdem ist das pflegerische Handeln noch viel zu wenig auf die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz und anderen gerontopsychiatrisch Erkrankungen ausgerichtet.
Die Grundsatzstellungnahme „Pflege und Betreuung von Menschen mit Demenz in stationären Einrichtungen“ hat das Ziel, die Pflegeeinrichtungen dabei zu unterstützen, die pflegerische Versorgung und Betreuung von Menschen mit Demenz weiter zu verbessern. Sie fordert – neben der notwendigen multiprofessionellen Herangehensweise und der Vernetzung aller beteiligten Professionen und ehrenamtlich Tätigen – die systematische Anwendung der Betroffenenperspektive, damit eine bedürfnisorientierte Pflege und Betreuung von der Theorie in die Praxis umgesetzt werden kann. Darüber hinaus ist die Entwicklung einer entsprechenden Grundhaltung der professionell Pflegenden ein wichtiger Eckpfeiler einer qualitativ hochwertigen Pflege und Betreuung von Menschen mit Demenz.
Der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) koordiniert und fördert die Durchführung der Aufgaben und die Zusammenarbeit der Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) auf Landesebene in medizinischen und organisatorischen Fragen. Er berät den GKV-Spitzenverband in allen medizinischen und pflegerischen Fragen, die diesem qua Gesetz zugewiesen sind. (Pressemitteilung MDS)

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