Zahl der Pflegebedürftigen nimmt zu

Die Deutschen leben nicht nur länger, sie altern auch gesünder. Laut GEK-Pflegereport 2009 steigt die Zahl der Pflegebedürftigen insgesamt weiter an. Gleichzeitig ist aber das altersspezifische Risiko, pflegebedürftig zu werden, zwischen 2000 und 2008 bei Männern jährlich um ein Prozent und bei Frauen um 3,6 Prozent gesunken.
Das erhöhte Ausmaß an Pflegebedürftigkeit ist damit allein auf die demographische Entwicklung zurückzuführen. Die Studie deckt außerdem regionale Besonderheiten in der Pflegeversorgung auf. So zeigen sich auffällige Unterschiede bei der Entgeldstruktur sowie in der fachärztlichen Versorgung von Pflegeheimen. Angesichts bundesweit einheitlicher Pflegeleistungen hält Autor Professor Heinz Rothgang viele Unterschiede für erklärungsbedürftig: „Warum liegen die Heimentgelte im Osten durchweg um ein Drittel unter dem rheinländischen Niveau? Was rechtfertigt die ambulante Preisspanne von 2,98 bis 14,57 Euro bei Sondennahrung?“ Der Anteil der Pflegebedürftigen innerhalb einer Altersgruppe ist zwischen 1999 und 2007 stabil geblieben. Die Zunahme der Pflegebedürftigenzahl um 231 Tausend von rund 2,1 auf 2,4 Millionen Personen ist damit allein auf die demographische Alterung zurückzuführen. Das Wissenschaftlerteam um Professor Heinz Rothgang vom Zentrum für Sozialpolitik der Universität Bremen (ZeS) konnte außerdem für den Zeitraum zwischen 2000 und 2008 einen Rückgang der altersspezifischen Inzidenzen (Neuzugänge) um zirka acht Prozent bei Männern und zirka 25 Prozent bei Frauen nachweisen. Die Pflegewahrscheinlichkeit im Lebenslauf bleibt weiterhin hoch: Jeder Zweite wird pflegebedürftig. 42 Prozent der männlichen und 60 Prozent der weiblichen GEK Versicherten, die 2008 verstarben, haben Pflegeleistungen bezogen. Für einen 60-jährigen Mann heißt das konkret: Von durchschnittlich 20,7 Jahren verbleibender Lebenserwartung verbringt er 1,24 Jahre bzw. sechs Prozent in Pflegebedürftigkeit. Bei 60-jährigen Frauen liegt die restliche Lebenszeit bei durchschnittlich 24,6 Jahren, wovon 2,58 Jahre in Pflegebedürftigkeit zugebracht werden. Für die rund 50 Prozent, die tatsächlich pflegebedürftig werden, ist die Zeit in Pflegebedürftigkeit damit viel höher: Für Männer liegt sie bei 2,48 Jahren, für Frauen bei 3,67 Jahren. Der GEK-Pflegereport 2009 stellt auch regionale Vergleiche an. Angesichts bundesweit einheitlicher Pflegeversicherungsleistungen sind die Unterschiede beachtlich: Bei den Heimentgelten gibt es ein starkes Ost-West-Gefälle. Auch die ambulanten Entgelte variieren erheblich: In einigen Bundesländern wird für dieselbe Leistung ein Vielfaches bzw. das Doppelte gezahlt wie in anderen. So liegt etwa die Preisspanne für das „Zubereiten einer warmen Mahlzeit“ zwischen 7,39 (NRW) und 20,90 Euro (Baden-Württemberg). Die „große Morgentoilette“ kostet minimal 15,75 (Thüringen), maximal 32,16 Euro (Hessen). Nicht nur bei den ambulanten Pflegeentgelten zeigt sich ein Ost-Westgefälle, auch die Pflegeheim-Kapazitäten sind im Norden und Süden viel größer als im Osten. Unterschiedliche Auslastungsgrade lassen in Rheinland-Pfalz Überversorgung, in Thüringen und Sachsen Unterversorgung vermuten. Auffällig auch das Stadt-Land-Gefälle der fachärztlichen Versorgung. Pflegeexperte Rothgang: „Im ländlichen Raum sind die Verordnungsraten von Psycholeptika und Antidepressiva signifikant höher als in fachärztlich gut ausgestatteten städtischen Räumen. Wir sehen darin ein Indiz für die Überforderung von Hausärzten bzw. eine fachärztliche Unterversorgung in ländlichen Gebieten.“ Dass die fachärztliche Versorgung in Pflegeheimen verbessert werden muss, hatte bereits der Vorgängerreport hervorgehoben. GEK Vorstand Dr. Rolf-Ulrich Schlenker erklärt: „Wir haben reagiert und einen eigenen Pflegeheimvertrag mit der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns geschlossen.“ Das Vorhaben fördert die Zusammenarbeit von Haus- und Fachärzten in Pflegeheimen und gilt als Alternative zu festen Heimärzten. Mit Blick auf die pflegepolitischen Passagen im Koalitionsvertrag unterstreicht Schlenker: „Aus unserer Sicht liegt die Beratungskompetenz bei den Pflegekassen.“ Gleichzeitig kündigt der künftige Vizechef der BARMER GEK den systematischen Ausbau der Versorgungsforschung an. Die Pläne zur zusätzlichen Kapitaldeckung bewertet Schlenker kritisch: „In unseren Augen wäre der massenhafte Abschluss einer privaten Teilkasko-Pflegeversicherung weder nachhaltig noch gerecht. Vorrang hat die zügige Umsetzung des neuen Konzepts zum Pflegebedürftigkeitsbegriff.“
(Pressemitteilung GEK)

Schreibe einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
* Pflichtfelder

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.