Handwerk leidet unter Kreditproblemen und mangelnder Zahlungsmoral

Der Konjunktureinbruch drückt massiv die Zahlungsmoral. In der traditionellen Herbstumfrage unter den 540 Mitgliedern des Bundesverbandes Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V. (BDIU) berichten jetzt 96 Prozent der Teilnehmer, dass das Zahlungsverhalten aktuell genauso schlecht oder sogar noch schlechter ist als im Frühjahr. Nur 4 Prozent der Inkassounternehmen melden eine Besserung. „Der historisch beispiellose Rückgang der Wirtschaftsleistung hat die Liquidität von Unternehmen und Verbrauchern deutlich geschmälert“, so BDIU-Präsident Wolfgang Spitz am Donnerstag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) in Berlin. „Die Folgen bekommen die Gläubiger erst jetzt massiv zu spüren, und das Schlimmste steht eher noch bevor. Unsere Mitgliedsunternehmen spüren diese Entwicklung unmittelbar – wie ein Seismograf.“
Insolvenzen steigen kräftig
Zunehmende Zahlungsschwierigkeiten werden nach Erwartungen der Inkassounternehmen die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in diesem Jahr auf rund 35.000 steigen lassen – 2008 waren es noch 29.291. Auch im kommenden Jahr sei mit weiter zunehmenden Insolvenzen zu rechnen. Der bisherige Negativrekord könnte sogar eingestellt werden. 2003 hatte es mit 39.230 so viele Unternehmensinsolvenzen wie nie in der deutschen Nachkriegsgeschichte gegeben.
65 Prozent der Inkassounternehmen melden in der Umfrage, dass Handwerkskunden zurzeit besonders nachlässig beim Bezahlen ihrer Forderungen sind. Deren Zahlungsmoral ist so schlecht wie in keinem anderen Wirtschaftszweig. 63 Prozent bemängeln darüber hinaus die Rechnungstreue von Kunden der Dienstleistungsbranche, 51 Prozent von denen des Baugewerbes.
Banken zögerlich bei Kreditvergabe
Häufige Gründe für Handwerksinsolvenzen sind laut der Umfrage ein schlechtes Mahnwesen insbesondere kleiner Betriebe, eine zu dünne Eigenkapitaldecke und eine zögerliche Kreditvergabe der Banken. „Eine flächendeckende Kreditklemme können wir im Handwerk zwar bislang nicht feststellen“, so ZDH-Präsident Otto Kentzler. „Aber die deutlich gestiegenen Anforderungen an Kreditsicherheiten bereiten unseren Betrieben Schwierigkeiten. Das betrifft aktuell vor allem die Betriebsmittelfinanzierung. Die zusätzlichen Handlungsspielräume der Bürgschaftsbanken sind angesichts der häufig knappen Eigenkapitaldecke sehr wichtig. An die neuen Globaldarlehen der KfW knüpfen wir große Erwartungen. Bei weiter steigenden Liquiditätsproblemen werden zusätzliche Stabilisierungsmaßnahmen unverzichtbar sein.“
Öffentliche Hand zahlt schlechter
Weiter verschlechtert hat sich das Zahlungsverhalten der öffentlichen Hand, insbesondere der Kommunen. Das berichten 21 Prozent der Inkassounternehmen in der Umfrage. Ein Grund sind die vielerorts fallenden Einnahmen aus der Gewerbesteuer. Dennoch könnten laut BDIU Städte und Gemeinden ihre Kassenlage verbessern, indem sie ihr Forderungsmanagement professionalisierten. Derzeit betragen nach Schätzungen des Verbandes die Außenstände der Kommunen mehr als 12 Milliarden Euro. Hier seien deutliche Mehreinnahmen möglich.
Private Verschuldung steigt wieder
Schlechter ist aktuell auch das Zahlungsverhalten der Verbraucher. Hauptgründe dafür sind laut der Herbstumfrage Überschuldung (85 Prozent der Umfrageteilnehmer melden das) und Arbeitslosigkeit (83 Prozent). „Der weiter zu erwartende Anstieg der Arbeitslosigkeit wird das Zahlungsverhalten weiter verschlechtern“, befürchtet BDIU-Präsident Spitz. Dadurch wachse auch das Überschuldungsrisiko der privaten Haushalte. Dies werde in der Folge zu mehr Verbraucherinsolvenzen führen. Bereits in diesem Jahr rechnet der BDIU mit 110.000 Neuanträgen (2008: 98.140).
Bei dem Verfahren müssten die Gläubigerinteressen gewahrt werden, fordert der Verband. Aktuell seien die meisten Verbraucherinsolvenzen sogenannte Nullpläne, bei denen die Gläubiger völlig leer ausgehen. „Der Grundsatz von Treu und Glauben muss wieder gestärkt werden“, so Spitz. „Das heißt: Wenn jemand eine Ware bestellt oder eine Dienstleistung anfordert, muss klar sein, dass er das auch zu bezahlen hat. Immerhin hängen davon Arbeitsplätze und wirtschaftliche Existenzen ab. Aktuell berichten 56 Prozent unserer Mitgliedsunternehmen, dass private Schuldner Rechnungen absichtlich zu spät oder auch gar nicht bezahlen. So kann unsere Wirtschaft nicht funktionieren.“
Wichtig seien mehr Anstrengungen zur Schuldenprävention, insbesondere eine Stärkung der Finanzkompetenz. Wünschenswert sei, dass der Umgang mit Geld und Schulden in den Schulen mehr thematisiert werde. „Der eigenverantwortliche, mündige Verbraucher muss gestärkt werden“, fordert Spitz. Dazu gehöre die Aufklärung über Verbraucherrechte genauso wie die Mahnung an die Einhaltung der Pflichten, die im Geschäftsverkehr entstehen. Spitz weiter: „Nur wenn wir uns das bewusst machen, können wir der Krise gemeinsam erfolgreich begegnen.“ (Pressemitteilung BDIU)

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