AOK veröffentlicht Rechtsgutachten zum Austausch von wirkungsgleicher Medikamente

Im Zuge der aktuellen Diskussion um die unterschiedliche Auslegung der Gesetze zum Austausch von wirkstoffgleichen Arzneimitteln hat die AOK zwei Rechtsgutachten vorgestellt. „Diese kommen zu dem Ergebnis, dass wirkstoffgleiche Arzneimittel austauschbar sind, auch wenn das Indikationsspektrum nicht völlig identisch ist und keine numerisch identischen Packungsgrößen vorliegen“, erklärte Dr. Christopher Hermann, Vorstandsvize der AOK Baden-Württemberg und bundesweiter Chefunterhändler der AOK-Arzneimittelrabattverträge am Freitag (28. August) in Berlin. Damit könne die von der Pharmalobby angestrengte Diskussion über die Austauschbarkeit der Generika nun endlich auf rechtlich abgesicherter Grundlage erfolgen, so Hermann. Es sei nicht länger akzeptabel, dass durch die fortwährende Debatte der Arzt als Therapieverantwortlicher in Frage gestellt und dazu noch die Patienten verunsichert würden.
Prof. Dr. jur. Dr. med. Alexander Ehlers, Fachanwalt für Medizinrecht aus München, kommt bei seiner Untersuchung zur Auslegung der Substitutionsregelung gemäß Paragraf 129 Absatz 1 Satz 2 des Fünften Sozialgesetzbuchs (SGB V) zu dem Ergebnis, dass die Zulassung des abzugebenden Arzneimittels nicht das gesamte Indikationsspektrum des verordneten Ausgangspräparates umfassen muss. Auf der Grundlage des derzeitigen Standes der Wissenschaft könne angenommen werden, dass Generika die gleiche Wirksamkeit in all den Anwendungsgebieten aufweisen, für die das Referenzarzneimittel zugelassen wurde, und darüber hinaus ein gleiches Sicherheitsprofil besitzen. Vor diesem Hintergrund sei es nicht zwingend, dem Paragrafen eine enge Auslegung beizumessen, sofern das preisgünstigere, qualitativ dem Originalprodukt entsprechende Generikum nur aus verfahrenstechnischen Gründen für den fraglichen Indikationsbereich nicht zugelassen sei.
Laut Ehlers sprechen ebenso Gründe dafür, dass die Aut-idem Regelung derart auszulegen ist, dass Generika, wenn sie im bezugnehmenden Verfahren zugelassen wurden, trotz fehlender Zulassung für einen bestimmten Indikationsbereich als preisgünstigeres Arzneimittel abgegeben werden dürfen, weil das wirkstoffgleiche bioäquivalente Originalprodukt für den betreffenden Indikationsbereich zugelassen ist. Unter Verweis auf den hinsichtlich der Austauschbarkeit unbestimmt formulierten Wortlaut des Paragrafen 129 Absatz 1 Satz 2 SGB V sprach sich Ehlers allerdings dafür aus, diesen Paragrafen bestimmter zu fassen. Hier sei der Gesetzgeber gefordert.
Dies hält auch Hermann für sachgerecht: „Allerdings belegen die Gutachten, dass die Partner des Rahmenvertrages über die Arzneimittelversorgung, Deutscher Apothekerverband (DAV) und GKV-Spitzenverband, bereits jetzt eine Regelung, die sowohl der Qualität in der Versorgung aber auch der Wirtschaftlichkeit Rechnung trägt, vereinbaren können. Die Qualität stellen wir heute schon mit den AOK-Arzneirabattverträgen sicher, jetzt sollten die letzten Stolpersteine aus dem Weg geräumt werden, welche den sinnhaften und wirtschaftlichen Einsatz von Generika behindern.“ Zudem habe der Arzt alle Möglichkeiten, die Verordnung von Medikamenten ganz auf den Patienten auszurichten. Falls er im Bereich der Generika trotz Wirkstoffidentität ein bestimmtes Arzneimittel wegen einer Nischenindikation verordnen wolle, könne er den Austausch durch den Apotheker ausschließen.
Prof. Dr. Thorsten Kingreen aus Regensburg kommt bei der Interpretation des Tatbestandsmerkmals der identischen Packungsgröße zu dem Ergebnis, dass sich der Begriff an der Typologie der Packungsgrößenverordnung orientiert und damit keine numerische Identität fordert. Dies folge bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, der nicht auf die identische Menge oder Stückzahl abstelle, sondern allgemein auf den Inhalt der Packung. Die Packungsgrößenverordnung beinhalte eine Typologie mit drei numerisch definierten Korridoren (N1, N2, N3), in die die konkrete Packung eingeordnet werden könne. „Identisch sind daher alle Packungen, die zu einer Gruppe gehören“, so Kingreen. Nur eine an der Packungsgrößenverordnung orientierte Auslegung verhindere, dass die Arzneimittelhersteller die Aut-idem-Reglung durch „kreative“ Gestaltung der Packungsgrößen umgehen. Sie sichere damit die Wirtschaftlichkeit der Arzneimittelversorgung, ohne deren Qualität in Frage zu stellen. „Damit steht eindeutig fest: Eine 100er-Packung Omeprazol ist durch eine rabattierte 98er-Packung austauschbar. Gleiches gilt selbstverständlich auch für andere Wirkstoffe innerhalb der Packungsgrößen N1, N2, N3“, so Hermann.
(Pressemitteilung des AOK-Bundesverbandes)

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