Rezession löst Pleitewelle bei Verbrauchern und Unternehmen aus

Die weltweite Wirtschaftskrise wird nach Einschätzung des Bundesverbandes Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V. (BDIU) in diesem Jahr 35.000 Unternehmen die Existenz kosten (2008: 29.291). Vor allem Unternehmen kleiner und mittlerer Größe litten aktuell unter einer massiv schlechteren Ausstattung mit Liquidität, wie der BDIU am Donnerstag in Köln bei der Vorstellung der BDIU-Frühjahrsumfrage mitteilte.
In der Branchenumfrage erwarten 78 Prozent der Inkassounternehmen eine weitere Verschlechterung des Zahlungsverhaltens bis Ende 2010. Aktuell berichten bereits 43 Prozent der Befragten, dass sich die Rechnungstreue gewerblicher und privater Schuldner seit Herbst 2008 verschlechtert hat. Besonders problematisch ist das Zahlungsverhalten der Kunden in der Dienstleistungsbranche (63 Prozent der Inkassounternehmen melden das), im Handwerk insgesamt (56 Prozent) und im Baugewerbe (52 Prozent). Die vollen Auswirkungen der Rezession auf das Zahlungsverhalten seien voraussichtlich erst im zweiten Halbjahr 2009 zu spüren, wenn mehr Insolvenzen und höhere Arbeitslosigkeit zu einer Verknappung der finanziellen Mittel bei Verbrauchern und Unternehmen führen würden.

Dominoeffekt: Zahlungsausfälle verursachen weitere Zahlungsschwierigkeiten

Dabei funktioniere die schlechte Rechnungstreue wie ein Dominoeffekt, wie BDIU-Präsident Wolfgang Spitz erläutert: „Wenn die eigenen Kunden schlecht zahlen, fehlt auch dem Gläubiger das Geld, um rechtzeitig seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen.“ 80 Prozent der Inkassounternehmen nennen hohe Zahlungsausfälle bei eigenen Kunden als ursächlich, warum gewerbliche Schuldner Rechnungen aktuell nicht wie vereinbart begleichen. Weitere Gründe sind momentane Liquiditätsengpässe aufgrund der Wirtschaftskrise (73 Prozent), eine schlechte Auftragslage (64 Prozent), zu wenig Eigenkapitalausstattung (56 Prozent) sowie das Ausnutzen des sogenannten Lieferantenkredits (51 Prozent).
Auf einem Sockel weiter steigender Privatverschuldung werden die Verbraucherinsolvenzen in diesem Jahr auf rund 110.000 Fälle ansteigen (2008: 98.140). Häufige Gründe, warum private Schuldner aktuell in Zahlungsverzug geraten, sind Überschuldung (84 Prozent der Inkassounternehmen bestätigen das), Arbeitslosigkeit (76 Prozent), ein momentaner Liquiditätsengpass (58 Prozent) und ein absichtliches Versäumen vereinbarter Zahlungsfristen (52 Prozent).

BDIU: Schuldenprävention muss verbessert werden

Rund 3 Millionen Privathaushalte gelten als überschuldet. Dabei haben seit der Einführung der Verbraucherinsolvenz 1999 erst gut 500.000 Privatpersonen einen Insolvenzantrag gestellt, dazu kommen rund 300.000 Personen, die als ehemalige Gesellschafter und Selbstständige zahlungsunfähig geworden sind. Der BDIU weist darauf hin, dass das Verbraucherinsolvenzverfahren für den Steuerzahler in der Durchführung teuer sei – und Gläubiger am Ende fast immer leer ausgingen. „Wir brauchen mehr Schuldenprävention, um dieses Problem nachhaltig einzudämmen“, fordert BDIU-Vorstandssprecherin Marion Kremer daher.
Geeignete Maßnahmen dazu sind laut der Frühjahrsumfrage eine umfassendere Vermittlung von Finanzkompetenz in der Schule (76 Prozent der BDIU-Mitglieder haben diese Angabe gemacht), eine bessere Vermittlung von Finanzkompetenz im Elternhaus (72 Prozent), ein konsequenteres Forderungsmanagement der Gläubiger (71 Prozent), mehr Bonitätsüberprüfungen (60 Prozent) sowie strengere Maßstäbe bei der Kreditvergabe an Privatpersonen (47 Prozent).
Negativ bewerten die Inkassounternehmen das Zahlungsverhalten der öffentlichen Hand – 12 Prozent berichten von einer weiteren Verschlechterung gegenüber 2008. BDIU-Präsident Spitz: „Konjunkturprogramme alleine helfen nicht. Es geht vor allem auch um Vertrauen. Die öffentliche Hand sollte eine Vorbildfunktion beim Zahlungsverhalten einnehmen. Der Staat sollte deshalb jetzt durch zeitnahes Begleichen seiner offenen Rechnungen besonders dem Mittelstand helfen, damit dieser besser durch die Krise kommt.“ Pressemitteilung des BDIU

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