Automobilkrise: Belastung für Chemiekonzerne

Die hessischen Chemieunternehmen, über viele Jahre Zugpferd der Branche, werden von der Wirtschaftskrise offensichtlich stärker gebeutelt als die übrigen deutschen Chemiefirmen.

Darauf deutet eine Schnellumfrage unter Mitgliedsfirmen hin, die der Landesverband Hessen im Verband der Chemischen Industrie (VCI Hessen) Anfang Februar durchgeführt hat.

Nachdem Auftragseingänge und Produktion im Januar weiter eingebrochen sind, sehen die Firmen die Geschäftsaussichten für das laufende Jahr überwiegend pessimistisch, berichtete der Vorsitzende des VCI Hessen, Dr. Bernd Reckmann, heute in Frankfurt.

Die Entwicklung hatte sich schon im vergangenen Jahr angedeutet. Der Chemie-Umsatz wuchs in Hessen lediglich um 0,1 Prozent auf 21,4 Milliarden Euro, während die Chemie bundesweit noch ein Plus von 1,1 Prozent verzeichnete.

Die Ursache dafür sieht der VCI Hessen in der hohen Abhängigkeit von der Automobilindustrie. "Jedes Auto, das nicht gebaut wird, macht sich bei unseren Firmen negativ bemerkbar", sagte Dr. Reckmann.

Die Situation wäre noch dramatischer, hätte Hessen nicht eine starke Arzneimittelindustrie. Das Pharmageschäft stabilisiere – so Reckmann – die Chemiekonjunktur.

Trotz sinkender Herstellerabgabepreise, konnten die Arzneimittelproduzenten ihre Umsätze im vergangenen Jahr um 4,8 Prozent auf 10,9 Milliarden Euro steigern. Ohne die Pharma-Industrie, auf die rund die Hälfte der Chemieproduktion in Hessen entfällt, wären die Umsätze der übrigen Chemiesparten laut VCI Hessen um rund fünf Prozent gesunken.

Auf den konsumnahen Sparten, wie Pharmazeutika, Wasch- und Körperpflegemittel, ruhen die Hoffnungen der Branche. Die überwiegende Zahl der Firmen rechnet nach der im Februar durchgeführten Umfrage in diesen Sparten mit einer stabilen Entwicklung, vereinzelt sogar mit einer Belebung des Geschäfts.

Ob sich die Konjunkturprogramme der Bundesregierung positiv auswirken, beurteilen die meisten Firmen wegen ihrer hohen Abhängigkeit vom Ausland, wo deutsche Maßnahmen nicht greifen, eher verhalten.

Angesichts der weltweiten Krise erwarten die Firmen kaum Wachstumsimpulse aus dem Exportgeschäft, mit dem sie immerhin zwei Drittel ihres Umsatzes erzielen.

Die hessischen Chemie-Unternehmen, die 2008 die Zahl der Arbeitsplätze noch um 0,4 Prozent auf knapp 60.000 gesteigert hatten, setzten angesichts der Herausforderungen auf flexible Arbeitszeitregelungen und Kurzarbeit, um Auslastungsschwankungen abzufedern.

Allerdings werden auch freiwerdende Stellen laut der Schnellumfrage nicht mehr besetzt. Hält die schwierige Situation an, dann schließen knapp 40 Prozent der Unternehmen für das zweite Halbjahr auch eine Verringerung der Stammbelegschaft nicht mehr aus.

Der VCI Hessen betonte, dass in einer solchen Krise vorhandene strukturelle Mängel besonders deutlich zu Tage treten.

Sie werden von den Unternehmen in hohem bürokratischem Aufwand, problematischen Umweltschutzauflagen und Ausgrenzung bestimmter Technologien gesehen. Beispielsweise haben große Teile der deutschen Politik immer noch ein gespaltenes Verhältnis zur Biotechnologie.

Der stellvertretende Vorsitzende des VCI Hessen, Klaus Hoffmann, forderte daher die neue Landesregierung auf, für Planungssicherheit und stabile Rahmenbedingungen des Chemie- und Pharmastandorts Hessen zu sorgen.

In diesem Zusammenhang sei die in der Koalitionsvereinbarung enthaltene Zusage bedeutsam, keine neuen Steuern und Abgaben in Hessen einführen zu wollen. Wichtig für die weitere Entwicklung seien eine ausgewogene Nachhaltigkeitspolitik und ein hoher Stellenwert der Bildungspolitik.

Die chemische Industrie biete ihre Mitarbeit in einer konzertierten Aktion zur Förderung der Naturwissenschaften in Hessen an.

Pressemitteilung VCI Hessen

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