Arzneiverordnungs-Report 2008: Deutlicher Anstieg der Arzneimittelkosten

Im zurückliegenden Jahr 2007 wurde die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) mit einem erneuten Kostenschub durch Arzneimittel konfrontiert.

Nach einem moderaten Kostenanstiegvon 1,8 Prozent im Jahre 2006 haben die Arzneimittelausgaben 2007 wieder deutlich um 6,7 Prozent auf 27,8 “ Mrd. zugenommen und damit maßgeblich zum Gesamtanstieg der GKV-Ausgaben um 3,7 Prozent auf 153,6 Mrd. “ beigetragen.

Im diesjährigen bei Springer erschienenen Arzneiverordnungs-Report machen die beiden Herausgeber, Prof. Dr. Ulrich Schwabe und Dr. Dieter Paffrath, als wichtigste Ursache für den massiven Kostenanstieg die weiterhin hohe Strukturkomponente von 4,5 Prozent mit einem Umsatzplus von 1,1 Mrd. “ aus, das durch vermehrten Verbrauch teurer Arzneimittel entstanden ist.

Weitere Kostentreiber waren gesetzliche Änderungen wie die Anhebung der Mehrwertsteuer mit Mehrausgaben von 763 Mio. „.

Ein noch stärkerer Anstieg der Arzneimittelkosten wurde 2007 durch Preissenkungen von insgesamt 1,3 Prozent verhindert, vor allem durch Preissenkungen von 5,1 Prozent im Festbetragsmarkt bei Generika, während die Preise patentgeschützter Arzneimittel im Nichtfestbetragsmarkt um 2,9 Prozent anstiegen.

Trotz erneuter Preissenkungen sind deutsche Generika immer noch deutlich teurer als in europäischen
Nachbarländern.

Der Report zeigt am Beispiel des Cholesterinsenkers Simvastatin, dass eine besonders preisgünstige Standardpackung (28 Tabletten 20 mg) in Deutschland 13,77 “ in Großbritannien hingegen nur 1,80 “ kostet.

Selbst wenn die deutsche Mehrwertsteuer (2,20 „) und der hohe Apothekenfestzuschlag (8,10 „) berücksichtigt werden, verbleibt immer noch ein fast doppelt so hoher Preis von 3,47 „. Allein bei Statinen könnten in Deutschland mit englischen Preisen 366 Mio. “ pro Jahr eingespart werden.

Zusammen mit weiteren umsatzstarken Wirkstoffgruppen könnten die Arzneimittelkosten in Deutschland um 3,4 Mrd. “ gesenkt werden. Dagegen wirken die mit deutschen Generikapreisen berechneten Einsparungen von 996 Mio. “ recht bescheiden.

Auch bei den Preisen für patentgeschützte Arzneimittel nimmt Deutschland im internationalen Vergleich eine Spitzenposition ein. So betont der Report, dass beispielsweise TNF-Antagonisten, die neue Möglichkeiten der Rheumabehandlung bieten, in Deutschland 66 Prozent mehr als in den USA kosten.

Die neuen HPV-Impfstoffe gegen Gebärmutterkrebs sind sogar fast doppelt so teuer wie in den USA. Immerhin bietet das GKV-WSG (GKV-Wettbewerbs-Stärkungsgesetz) seit April 2007 die Möglichkeit, einen Höchstbetrag für patentgeschützte Arzneimittel festzusetzen, die nicht der Festbetragsregelung unterliegen.

In Anlehnung an die Praxis in vielen anderen Ländern fordern die Herausgeber des Reports, dass die Kosten neuer Arzneimittel erst erstattet werden sollen, wenn zuvor eine Kosten-Nutzen-Bewertung stattgefunden hat. Es müsse eine echte vierte Hürde für patentgeschützte Arzneimittel geben.

Was die Fehlversorgung durch umstrittene Arzneimittel angeht, so verzeichnen die Herausgeber des Reports weiterhin eine positive Entwicklung. Lag im Jahr 1992 noch ein Umsatzvolumen von 5,1 Mrd. “ vor, so verbleiben 15 Jahre später nur noch ein Rest von 790 Mio. „.

Seit einigen Jahren gehen die Einsparungen in diesem Bereich allerdings deutlich langsamer zurück. Viele umstrittene Arzneimittel mit erheblichen Umsätzen sind weiterhin verordnungsfähig wie Spasmolytika
(144 Mio. „), Expektorantien (95 Mio. „) oder durchblutungsfördernde Mittel (50 Mio. „).

Das in Frage stehende Kostenvolumen ist durchaus vergleichbar mit Statinen oder Insulinanaloga, die vor
einiger Zeit vom IQWiG (Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen) bezüglich
eines möglichen Zusatznutzens bewertet wurden.

Bei den umstrittenen Arzneimitteln ist dagegen zweifelhaft, ob sie überhaupt etwas nützen. Der Arzneiverordnungs-Report hat durch Kostenreserven bei Generika (1,0 Mrd. „), Analogpräparaten (1,3 Mrd. „) und umstrittenen Arzneimitteln (580 Mio. „) hohe jährliche Einsparmöglichkeiten ermittelt.

Gestützt auf internationale Preisvergleiche ergeben sich im Generikamarkt (3,4 Mrd. „) und bei patentgeschützen Arzneimitteln (320 Mio. „) weitere hohe Wirtschaftlichkeitsreserven.

Die aktuellen Daten des Arzneiverordnungs-Reports basieren auf der Auswertung von 708 Millionen Arzneimittelpackungen, die 2007 von ca. 134.000 Vertragsärzten rezeptiert wurden.

Der Report beschreibt die Einführung neuer Arzneimittel, bewertet den therapeutischen Nutzen, berechnet die Kosten und gibt Ärzten konkrete Verordnungsempfehlungen. Darüber hinaus werden Patienten- und Herstellerprofile dargestellt und eine ökonomische Bewertung des Arzneimittelmarktes vorgenommen.

Erstmalig haben die Herausgeber eine Übersicht über Arzneiverordnungen für ältere Menschen aufgenommen. Ärzten steht damit eine wichtige Entscheidungshilfe in der Pharmakotherapie zur Verfügung, um eine Verordnung nach therapeutischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten treffen zu können.

Der Arzneiverordnungs-Report gilt als Standardwerk und genießt hohe Anerkennung in wichtigen Gremien und Verbänden, die sich mit Fragen der Gesundheitsökonomie und Gesundheitspolitik in Deutschland beschäftigen.

In Europa gibt es derzeit keine vergleichbare wissenschaftliche Bewertung von Arzneimittelverordnungen.

Pressemitteilung des Springer Medizin Verlag

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