AIDS und andere sexuell übertragbare Krankheiten – kein Grund zur Entwarnung

Expertenchat vom 5. Dezember 2006 mit Michael Jähme, Diplom-Sozialpädagoge, Mitarbeiter der AIDS-Hilfe Wuppertal, Onlineberater im Rahmen der Onlineberatung des Projekts BKK Lebenshilfe Online und dem von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) geförderten bundesweiten Onlineberatungsangebots der Deutschen AIDS-Hilfe e.V.

In Industrienationen wie Deutschland nahm das Problembewusstsein für HIV und AIDS in den letzten Jahren weiterhin ab, dem gegenüber steht eine steigende Zahl von Neuinfektionen. Auch andere sexuell übertragbare Krankheiten nehmen in ihrer Häufigkeit zu.

Wie man sich vor sexuell übertragbaren Krankheiten schützen kann, was im Falle einer Ansteckung zu tun ist und welche Therapien heute zur Verfügung stehen, war Thema dieses Expertenchats mit Diplom-Sozialpädagoge Michael Jähme. 

Ansteckung 

Die Immunschwächekrankheit AIDS wird durch das HI-Virus ausgelöst, welches über Samen- und Scheidenflüssigkeit sowie Blut übertragen werden kann. In Deutschland sind laut Herrn Jähme über 60 % der Menschen mit einer HIV-Infektion homosexuelle Männer, in anderen Ländern hingegen seien fast ausschließlich heterosexuelle Menschen betroffen.

Das hänge davon ab, in welcher Bevölkerungsgruppe sich das HI-Virus zuerst verbreite. Um sich und andere vor einer Infektion mit HIV und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten zu schützen, muss darauf geachtet werden, dass keine der oben genannten Körperflüssigkeiten in den eigenen Körper oder den des Partners eindringen (Safer Sex). 

Symptome bei AIDS 

Herr Jähme betonte, dass es keine klaren Symptome gäbe, an denen HIV definitiv zu erkennen sei, da sich eine HIV-Infektion individuell ganz unterschiedlich äußern könne. Sicherheit bringe daher nur ein Test.

Die Erstsymptome, die direkt nach der Ansteckung auftreten können, seien einer Grippe sehr ähnlich. Frühe Anzeichen einer Immunschwäche seien Pilzinfektionen mit Candida. Auch Durchfallerkrankungen können in frühen Stadien auftreten, so Herr Jähme. Bei Frauen seien eventuell Veränderungen am Gebärmutterhals (Krebs) ein Frühwarnzeichen für eine mögliche HIV-Infektion. 

Was tun bei Verdacht auf eine Ansteckung? 

Befürchtet man, sich mit HIV infiziert zu haben, solle man möglichst Ruhe bewahren und einen HIV-spezialisierten Arzt aufsuchen, rät Herr Jähme. Frauen sollten zum Gynäkologen gehen, Männer zu einem Hautarzt oder Urologen. Wichtig sei vor allem, dass man einen Arzt seines Vertrauens finde, mit dem man offen reden könne und der zuhört, so Jähme.

Über einen HIV-Antikörpertest lässt sich dann feststellen, ob man sich tatsächlich mit dem HI-Virus infiziert hat. Das Ergebnis erhält man jedoch erst drei Monate nach der möglichen Ansteckung, da erst nach 12 Wochen die Bildung von Antikörpern abgeschlossen ist.

Einen schnelleren Nachweis über eine bestehende HIV-Infektion erbringe der sogenannte PCR-Test, er sei jedoch nicht geeignet um eine Infektion auszuschließen, betonte Herr Jähme. Daher sei dieser Test kein wirklicher Ersatz für den HIV-Antikörpertest, denn die meisten Menschen wollen schließlich eine Ansteckung ausschließen können.

Ein Chatteilnehmer fragte, wie groß das Risiko sei, dass er sich beim Cunnilingus angesteckt haben könnte. Herr Jähme antwortete, dass die Ansteckungsgefahr beim Oralverkehr sehr gering sei und ihm keine Fälle einer Übertragung von der Frau auf den Mann bekannt seien. Wenn keine weiteren Infektionsrisiken bestanden, hält er einen Test hier nicht für notwendig.

Wurde eine HIV-Infektion diagnostiziert, sollte man eine Immunstatusbestimmung und eine Virusmengenbestimmung vornehmen lassen, um Informationen über das Stadium der HIV-Infektion zu erhalten, so Herr Jähme. Ansonsten sei es in dieser Situation sehr hilfreich, wenn man vertrauenswürdige Menschen um sich habe, mit denen man über diese neue Lebenssituation reden und gemeinsam überlegen könne, was als nächstes zu tun sei, meint Herr Jähme.

Dafür seien auch die Berater in den AIDS-Hilfen da. Das Labor, welches den Test durchgeführt hat, ist verpflichtet, die HIV-Infektion dem Robert-Koch-Institut zu melden, der Patient bleibt dabei aber anonym. Auch die behandelnden Ärzte sollten einen Fragebogen ausfüllen und an das Robert-Koch-Institut schicken, so würden Erkenntnisse über Behandlungserfolge verbessert. 

Therapie bei AIDS 

Eine Heilung für AIDS sei in naher Zukunft nicht realistisch abzusehen, so Herr Jähme, die Behandelbarkeit werde sich aber weiter verbessern. Bei einer HIV-Infektion wird der Krankheitsverlauf über regelmäßige Blutkontrollen beobachtet.

Wenn das Immunsystem durch HIV zu stark geschädigt ist, können Medikamente die Vermehrung des Virus im Körper weitestgehend kontrollieren und bremsen und so die Schädigung des Immunsystems aufhalten und eine Verbesserung der eigenen Krankheitsabwehr herstellen. Die HIV-Medikamente müssen dafür aber täglich und regelmäßig eingenommen werden, betonte Herr Jähme, daher erfordere die Therapie „ein sehr hohes Maß an Kooperation vom Patienten“.

Manche Menschen seien allerdings schon 20 Jahre HIV-positiv, ohne dass sie bisher Medikamente benötigt hätten, ermutigte Herr Jähme. Es sei also gut „zunächst abzuwarten und den Verlauf der HIV-Infektion zu beobachten und die Entscheidung, ob HIV-Medikamente nötig sind, daran zu orientieren“.

Ist das Immunsystem aber schon sehr stark geschädigt, können nur die HIV-Medikamente helfen, alle anderen Therapieversuche hätten sich als nicht brauchbar erwiesen.

Die Frage, ob Herr Jähme es für realistisch halte, eine Beziehung mit einem HIV-infizierten Partner zu führen, ohne sich selbst anzustecken, bejahte er. Es gäbe viele Beispiele für solche „PlusMinus-Beziehungen“. 

STD 

Nachdem AIDS viele Jahre im Vordergrund der sexuell übertragbaren Krankheiten (STD – sexually transmitted disease) gestanden hat, finden jetzt wieder andere Erkrankungen größere Beachtung, meint Herr Jähme.

Infektionen mit Syphilis oder Tripper hätten zahlenmäßig wieder zugenommen. Daher hält er mehr Aufklärung zur Prävention von Neuerkrankungen für notwendig. Auch sei es problematisch, dass viele Menschen immer noch Schamgefühle hätten, eine solche Erkrankung offen zuzugeben und daher einen Arztbesuch scheuen würden.

Dabei können die meisten STDs gut behandelt werden, wenn man sie früh erkennt. Neben der Gefährdung anderer ist eine Behandlung schon allein deswegen so wichtig, weil die Infektion mit einer sexuell übertragbaren Krankheit auch das Risiko einer Ansteckung mit HIV erhöht.

Auf die Frage zur Behandlung von Feigwarzen, die auch sexuell übertragen werden können, antwortete Herr Jähme, dass hier eine konsequente Behandlung wichtig sei. Ein erneutes Auftreten der Feigwarzen sei dabei nicht ungewöhnlich, weshalb 3 bis 10 Behandlungen notwendig sein können.

Pressemitteilung der BKK VDN

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