Feine Adresse für Geldwäscher

Das luxemburgische Finanzclearing-Unternehmen Clearstream soll ein Netz von Geheimkonten für die Geldwäsche aufgebaut haben. Mit 150 Millionen Transaktionen im Jahr stuft sich der Finanzknotenpunkt Clearstream International selber als das führende Haus für das sogenannte Clearing (Verrechnung, Abwicklung) von grenzüberschreitenden Finanztransfers, Börsentransaktionen und Investmentfonds-Aktivitäten ein.
Die Luxemburger Firma, die aus der Fusion von Deutsche Börse Clearing (früher Deutscher Kassenverein) und der Luxemburger Cedel hervorgegangen ist, soll Anfang 2000 über 8000 Geheimkonten verfügt haben. Zu den Kunden sollen unter anderen der französische Geheimdienst, kolumbianische sowie russische Banken sein.

Nun ermittelt die Luxemburger Staatsanwaltschaft gegen Clearstream, wegen des Verdachts der Geldwäsche. Nicht die Staatsanwälte, sondern der ehemalige Banker Ernest Backes, der die damalige Cedel mit aufgebaut hatte, löste die Ermittlungen aus. In einem in Frankreich stark beachteten Buch (Révélations – Enthüllungen) beschuldigte er Clearstream, bereits 1995 über 57 Geheimkonten für französische Banken und Regierungsstellen eingerichtet zu haben.
Hierbei handelt es sich um so genannte ¿Zusatzkonten¿ oder ¿nicht veröffentlichte Konten¿, die ursprünglich nur Eigentümern von regulären Hauptkonten erlaubt worden waren. Dabei geht es ausschließlich um institutionelle Kunden wie Banken oder Industriekonzerne und nicht um private Adressen. Clearstream als elektronische Verrechnungszentrale habe versteckte Finanztransaktionen ermöglicht, so Ex-Banker Backes. Den Vorwurf muss er zwar noch belegen. Doch Backes verfügt über Insiderwissen: ¿Ich habe zum Beispiel festgestellt, dass einzelne Banken die Gelegenheit nutzen, vor Ende des Jahres riesige Summen auf die Reise zu schicken, damit in den Jahresbilanzen die Gewinne nach unten gedrückt werden¿. Das Clearstream-Motiv scheint klar: Die verdeckten Transfers halfen den Kontoinhabern, ihre Steuerlasten am Jahresende mit Hilfe schwach gerechneter Bilanzen zu minimieren. Erwartungsgemäß widersprach Clearstream allen Geldwäschevorwürfen. Die Anschuldigungen seien unbegründet. Unterdessen prüfen Ermittler nun auch, ob Partnerbanken von Clearstream ebenso an den mutmaßlichen Geldwäscheoperationen beteiligt gewesen sind. Mit den Luxemburgern kooperieren unter anderem Deutsche Bank und Dresdner Bank bei der Verwaltung von Fonds, Obligationen, Banken sicherheiten.

Jeder Deutsche, der Bundeswertpapiere besitzt ist indirekt Kunde bei Clearstream. Die Papiere die es als Stücke – also effektiv – nicht gibt, wurden bis vor eineinhalb Jahren vom Kassenverein verwaltet. Dort werden fast alle deutschen Aktien und sonstige Wertpapiere verwahrt. 90 Prozent der fälligen Zins- und Rückzahlungen (rund 300 Milliarden DM im Jahr) lässt die Bundesschuldenverwaltung in Bad Homburg über Clearstream abwickeln. ¿Wir haben mit Geldwäsche nichts zu tun. Mit Sicherheit ist dies nicht der Fall¿, sagt deren Vizepräsident Thomas Dress. Clearstream erhalte nur die Beträge, die nach dem Bundesschuldenbuch fällig werden, und zahlt sie an Geschäftsbanken und die wiederum an ihre Kunden aus. SK

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