Verbraucherzentrale warnt vor Tücken der Null-Prozent-Finanzierung

Seit Beginn der Finanzkrise animieren immer mehr Einzelhändler ihre Kunden zur Ratenzahlung: zum Traum-Zinssatz von „0,0 Prozent“. Vor den Tücken solcher Angebote warnt die Verbraucherzentrale NRW.
Er ist fast so alt wie der Handel selbst: Der Kauf auf Pump. Ratenzahlung gibt es in Elektro- und Baumärkten, in Kaufhäusern, bei Möbel- wie bei Fahrradhändlern. Neu ist allerdings: Kunden müssen für die Finanzierung laut Werbung immer öfter keine Zinsen zahlen.
Und so geht´s: Verbraucher schließen einen Ratenvertrag, nicht etwa mit dem Einzelhändler, sondern mit einer Bank, die der Händler ausgewählt hat. Es gibt eine feste Laufzeit des Kredits. In der Regel sind das sechs bis zwölf Monate, bisweilen können es auch 18 oder 24 Monate sein.
Üblich ist auch eine Mindestkaufsumme. Die beginnt bei 150 oder erst bei 399 Euro. Die variiert mitunter von Aktionswoche zu Aktionswoche. Mal wird eine Finanzierung für einzelne Gerätegruppen (etwa für Notebooks und PC) angeboten, in anderen Fällen gilt der Wert des kompletten Einkaufswagens.
Mehrere Angebote hat sich die Verbraucherzentrale NRW genauer angesehen: bei Elektromärkten und Baumarkt-Ketten. Ins Visier nahmen die Verbraucherschützer ebenso Möbel- und Warenhäuser. Dabei fanden sich bei vielen Firmen Ungereimtheiten und Beanstandungen. Nur selten beispielsweise wies die Reklame darauf hin, dass Kunden erst eine Bonitätsprüfung bestehen müssen, bevor Geld verliehen wird. Negativ auf fielen in diesem Punkt beispielsweise Karstadt, Möbel Boss und Bauhaus.
Noch gravierender: „Wer einen Kredit bewirbt, muss stets die Gesamtkosten des Darlehens angeben, den effektiven Jahreszins“, sagt Birgit Höltgen. Den suchte die Juristin der Verbraucherzentrale NRW jedoch vergebens bei Ikea- und ProMarkt-Aktionen. „Ein Verstoß gegen die gesetzliche Preisangabenverordnung.“
Beispiel Ikea: Wer etwa im April der Aufforderung folgte, „zahl doch einfach später!“, der wurde zwar mit „0% Zinsen“ gelockt, der erfuhr auch von einer einmaligen Kontoführungsgebühr zwischen 19 und 39 Euro (je nach Laufzeit des Ratenkredits). Würde man diese Kosten in den effektiven Jahreszins einrechnen, beträgt dieser im schlechtesten Fall 4,75 Prozent.
ProMarkt/Rewe wiederum kam mit einer „Bearbeitungsgebühr“ von neun Euro daher. Aus „0%“ enstanden so (bei einer Kreditsumme von 250 Euro für neun Monate) Zinsen in ähnlicher Höhe wie bei Ikea.
Als trügerisch kann sich der Lockruf „keine Zinsen“ auch via Internet erweisen. Wer etwa im Onlineshop J&M Musikland ein portables Piano auf Raten kaufte, zahlte für eine „Kurzfinanzierung mit 0% eff. Jahreszins“ gegenüber dem Kaufpreis satte drei Prozent mehr. Aufgrund einer „Bereitstellungs- und Servicegebühr“ wurden aus 299 fix 307,97 Euro fürs Piano. Die 1799 Euro für ein Keyboard summierten sich samt Zusatzkosten gar auf 1850,99 Euro – fast 52 Euro mehr.
Sehr zum Ärger von Birgit Höltgen. Was für jede Fussball-Verteidigung gilt, fordert die Juristin der Verbraucherzentrale auch für Null-Prozent-Offerten: „Die Null muss stehen!“
Die hielt aber auch bei MediaMarkt und Saturn nicht stand. Die bekannten Elektromärkte hatten im vergangen Jahr für einen Topkredit mit der Deutschen Bank getrommelt. Doch bei der Jahresabrechnung der Bank stolperten zahlreiche Kreditnehmer über „sonstige Kosten“ von 6,90 Euro.
Dafür kassierte die Deutsche Bank eine Abmahnung wegen „irreführender Werbung“ vom Verbraucherzentrale Bundesverband in Berlin. Der Grund: In allen Bankunterlagen und Vertragsformularen fand sich kein Hinweis auf die Zusatzkosten. Das Ende vom Zwist: Das Geldinstitut zahlt mittlerweile alle Gebühren, angeblich erhoben „für die Bereitstellung einer Servicehotline zum Topkredit“, an seine Kreditnehmer zurück.
Trotz des vielfachen Ärgers: MediaMarkt und Saturn wollen ihre Kunden weiterhin mit Billig-Finanzierungen locken. Beide Unternehmen mögen dabei aber nicht ausschließen, dass Banken weiterhin „für zusätzliche Sonderleistungen Gebühren erheben“.
Achtung: Enorme Extra-Kosten fallen auch für Kunden an, die eine von vielen Banken angebotene Restschuld-Versicherung abschließen. Bei Ikea beispielsweise machte das bis zu weiteren 0,69 Prozent aus – wohlgemerkt monatlich. Damit konnte Ikeas Null-Prozent-Zins im schlimmsten Fall locker die Zehn-Prozent-Schallmauer durchbrechen. Doppelt ärgerlich: Denn die teure Police ist aus Sicht von Verbraucherschützern in der Regel überflüssig.
Überhaupt besteht die Gefahr, dass die angebliche Zinspause sogar in die Schuldenfalle führen kann. Gerade, wenn mehrere Finanzierungen, etwa für Auto, Küchenzeile und Großbildfernseher, bei verschiedenen Firmen laufen, droht der Verlust der finanziellen Übersicht.
Wer für die Tilgung eines Darlehens dann den eigenen Dispo-Kredit einsetzt, für den erweist sich eine scheinbar kostenlose Finanzierung im Nachhinein als teurer Kauf auf Pump: bei Zinsen von oftmals über 15 Prozent für den Dispo.
Noch schlimmmer: „Wer Raten nicht zahlt, dem kann die Bank auch beim Null-Prozent-Kredit den Vertrag kündigen und die gesamte Summe auf einen Schlag einfordern“, weiß Juristin Höltgen. Hinzu kämen oft noch Mahn- und Verzugskosten wie Negativeinträge bei der Schufa. (Pressemitteilung der Verbraucherzentrale NRW)

Schreibe einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
* Pflichtfelder

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.