Fünf Jahre nach Lehman

Die Lehman-Insolvenz vor fünf Jahren markierte einen massiven Einschnitt, der die Weltwirtschaft veränderte. Dabei war sie nur der Topfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.

 

Allianz SE
München, 13.09.2013

Heise: „Es war im Euroraum zwar gelungen, eine gemeinsame Geldpolitik zu installieren, an einem funktionierenden gemeinsamen finanzpolitischen Regelwerk fehlte es jedoch.“

Die Lehman-Insolvenz vor fünf Jahren markierte einen massiven Einschnitt, der die Weltwirtschaft veränderte. Dabei war sie nur der Topfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Über viele Jahre hinweg hatten sich insbesondere in den Industrieländern Ungleichgewichte im privaten und öffentlichen Sektor aufgebaut, waren regulative Unzulänglichkeiten übersehen worden und entwickelten sich die monetäre und reale Ökonomie zu getrennten Welten.
 

Dem Schock der Lehman-Pleite folgten der stärkste Einbruch des Welthandels und die schärfste Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg. Die globale Produktion schrumpfte um über zwei Prozent, die der Industrieländer gar um fast vier Prozent. Viele Länder entschlossen sich, dem Nachfrageausfall im Privatsektor durch massive finanzpolitische Impulse zu begegnen. Große Konjunkturpakete wurden geschnürt, die staatliche Neuverschuldung schoss in die Höhe. Darüber hinaus sah sich eine Reihe von Ländern gezwungen, hohe Ausgaben zur Stützung des Bankensystems zu tätigen.
 

Die Finanzmärkte verloren das Vertrauen in die Finanzierbarkeit der öffentlichen Schulden einiger europäischer Länder. Griechenland war dabei die Spitze des Eisbergs. Aus der Immobilien- und Bankenkrise war eine Staatsschuldenkrise geworden und zwar überwiegend eine europäische. Die Turbulenzen an den Finanzmärkten und die Notwendigkeit, die Staatshaushalte rasch zu konsolidieren, führten den Euroraum 2011 in eine erneute Rezession, die nach eineinhalb Jahren erst im Frühjahr dieses Jahres endete.
 

Die Lehman-Krise hatte ihren Ursprung zwar im amerikanischen Immobilienmarkt und Finanzsystem, heute müssen wir aber konstatieren, dass die USA die Krise rascher und besser bewältigt haben als Europa, obgleich die staatliche Neuverschuldung und die Schuldenquote deutlich höher waren als im Durchschnitt des Euroraums. Das US-Bruttoinlandsprodukt liegt inzwischen um rund fünf Prozent höher als Anfang 2008, das des Euroraums noch immer um drei Prozent niedriger als damals.
 

Eine ganze Reihe von Gründen dürften den USA Vorteile gebracht haben. Erstens gelang es den USA insbesondere mittels des TARP-Rettungspakets recht rasch die Probleme im Bankensystem in den Griff zu bekommen, während in der EU (noch ohne eine Bankenunion) die notwendigen Maßnahmen zur Sanierung der Banken in einigen Ländern nur sehr zögerlich angegangen wurden. Zweitens konnten die USA mit dem Dollar als Weltwährung Nr. 1 auf einen über Jahrzehnte gewonnenen Vertrauensvorschuss zurückgreifen und sich zu niedrigen Zinsen refinanzieren. Drittens – und dies dürfte der wichtigste Punkt sein – war es im Euroraum zwar gelungen, eine gemeinsame Geldpolitik zu installieren, an einem funktionierenden gemeinsamen finanzpolitischen Regelwerk fehlte es jedoch. Verletzungen der Maastricht-Kriterien wurden lange Zeit kaum geahndet.
 

Mit den durch die Krise angestoßenen Reformen haben sich auf europäischer Ebene aber neue „Spielregeln“ herausgebildet. Euro-Plus-Pakt, Europäisches Semester, erweiterter Stabilitäts- und Wachstumspakt, Schuldenbremsen sind nur einige Stichworte aus der Reform der wirtschaftspolitischen Steuerung. Europa hat Weichen zur Bewältigung der Krise gestellt. Mit der konjunkturellen Stabilisierung der letzten Monate deuten sich erste Erfolge an.
 

Prof. Dr. Michael Heise, Chefökonom der Allianz

  Vorbehalt bei Zukunftsaussagen

Diese Aussagen stehen, wie immer, unter unserem Vorbehalt bei Zukunftsaussagen:

 

Disclaimer   Kontakt für Presse

Dr. Lorenz Weimann
Allianz SE
Tel. +49 89 3800 16891
Email senden

  Mehr Informationen 5 Jahre Lehman – Chronik der Krise Teil I

Pressemitteilung Allianz ( Allianz SE
München, 13.09.2013 )

Schreibe einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
* Pflichtfelder

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.