„Der Abbau von Korruption schafft bessere Wettbewerbsbedingungen“

Korruption verzerrt den Wettbewerb. Aus diesem Grund unterstützt eine wachsende Gruppe aus Industrie und Politik eine Bewegung, die Korruption bekämpft. Diese Extractive Industries Transparency Initiative (EITI) wird auch von der Allianz mitgetragen. David Diamond bei der Allianz Global Investors (AllianzGI) vertritt mehr als 80 institutionelle Investoren im EITI Board. Im Interview erklärt er, wie die Initiative versucht, Korruption zu bekämpfen. 

 

Allianz SE
München, 11.10.2013

David Diamond: „Der Abbau von Korruption schafft bessere Wettbewerbsbedingungen“

Herr Diamond, die G20, die G8, die UN und die Weltbank unterstützen alle die Extractive Industries Transparency Initiative (EITI). Sie scheint ziemlich weit oben auf der Agenda zu stehen …
 

David Diamond: Mit gutem Grund. Einige der rohstoffreichsten Länder haben noch Einiges aufzuholen was die wirtschaftliche Entwicklung angeht. Viele Regierungen privilegieren den einfachen Export ihrer Ressourcen, anstatt sie in den langfristigen Aufbau einer starken und breit aufgestellten Volkswirtschaft zu investieren. Korruption und Missmanagement sind weitverbreitet und die Erlöse kommen meistens den politischen und wirtschaftlichen Eliten zugute. Deshalb haben die meisten der 3,5 Milliarden Menschen, die in rohstoffreichen Ländern leben, kaum etwas von diesem Reichtum. In der modernen globalisierten Wirtschaft ist dies ein riesiges Paradox, und genau das möchte EITI ändern.
 

Das Interesse, Geld zu scheffeln, scheint fest verwurzelt. Wie will EITI Abhilfe schaffen?
 

Durch einen einfachen globalen Standard möchte EITI die Transparenz der Exportländer und der gesamten Rohstoffindustrie – vom Goldabbau bis hin zur Ölförderung – schärfen. Die mittlerweile 39 involvierten Regierungen müssen ihre Umsätze offenlegen und Unternehmen, die in diesen Ländern tätig sind, angegeben, welche Zahlungen sie leisten. Ein Rechnungsprüfer ist mit dem Abgleich dieser Zahlen beauftragt und der Prozess wird von nationalen und international Interessensvertretern überwacht. Somit können sie genau sehen, wie viel Geld fließt und wohin. Im Lauf der Zeit führt dies zu einer besseren Steuerung, weil alle Seiten stärker in die Verantwortung genommen werden. Davon profitieren letztendlich alle Akteure, auch Unternehmen und ihre Aktionäre, Investoren wie wir. 

Sibirische Ölpumpen laufen auf Hochtouren. „Für ein Unternehmen ist es ein hohes Reputationsrisiko, wenn es beschuldigt wird, korrupte Verhaltensweisen zu unterstützten“, so David Diamond.

Was wäre für institutionelle Investoren von besonderer Bedeutung?
 

Die Nachfrage nach nicht-erneuerbaren Ressourcen wird in den kommenden Jahrzehnten deutlich ansteigen. Die Weltbevölkerung wächst, der Energieverbrauch nimmt weltweit zu und der Anteil der Schwellenländer am globalen BIP könnte sich in Zukunft so gut wie verdoppeln. Die Energiewirtschaft, als Öl- und Gasunternehmen,  aber auch die Metall- und Bergbauindustrie machen einen wichtigen Teil der Portfolios großer institutioneller Investoren aus und tragen wesentlich zum Risiko-Rendite-Profil der Investitionen bei. Transparenz bei Zahlungen und Umsätzen kann langfristig zu einem niedrigeren Risikoprofil der betreffenden Staaten und der dort tätigten Unternehmen beitragen.
 

Angesichts all dieses Wachstumspotenzials, wo liegt denn das Problem?
 

Das Problem ist, dass die Rohstoffindustrien kapitalintensiv und langfristig ausgerichtet sind. Sie sind auf ein sicheres, stabiles Geschäfts- und Betriebsumfeld angewiesen. Deshalb ist es im Interesse der Unternehmen,  das Risiko potenzieller politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Unbeständigkeit zu reduzieren, das sich aus schlechter Governance ergeben kann, insbesondere das Risiko der Korruption. EITI kann zur Reduzierung dieser Risiken beitragen und klare Vorteile für Unternehmen und Investoren schaffen, wenn es gelingt langfristige Erträge besser zu sichern.
 

Weshalb wäre dies für die Unternehmen von Vorteil?
 

Der Abbau von Korruption schafft bessere Wettbewerbsbedingungen, weil alle Unternehmen, die in einem EITI Land erhebliche Zahlungen leisten, zur Meldung verpflichtet sind. Das gilt auch für staatseigene Unternehmen und große Unternehmen in Märkten wie China. Letztere konkurrieren zunehmend mit den traditionellen internationalen Konzernen, um sich einen  Rohstoff-Zugang für die sich schnell entwickelnden Heimatmärkte zu sichern. Unternehmen müssen sich doppelt Gedanken über Geschäftsrisiken machen, wenn sie es mit schlecht geführten  Regimen zu tun haben: Für ein Unternehmen ist es ein hohes Reputationsrisiko, wenn es beschuldigt wird, korrupte Verhaltensweisen zu unterstützten. Das würde seine lokale und internationale  „Betriebslizenz“ schädigen und es für lokale Konflikte und Unsicherheiten anfällig machen. Und dies wiederum könnte sogar die langfristigen Geschäftschancen auf diesen Märkten gefährden. Zahlungstransparenz kann zu weniger Korruption bei Ausschreibungen einem letztlich einem besseren Zugang zu Rohstoffen führen.
 

Konnten Sie bereits einen Sinneswandel feststellen?
 

Ja, tatsächlich. EITI wurde 2002 gegründet. Von den 39 Ländern, die aktuell EITI einführen, erfüllen bereits 23 die Anforderungen und sind damit konform.  Weitere 16 sind auf dem Weg dahin, der einige Jahre dauern kann. Auf Seiten der Industrie haben sich fast 80 der weltweit größten Öl-, Gas- und Bergbauunternehmen bereiterklärt, die Initiative zu unterstützen.
 

Erkennen die Finanzmärkte den Wert des EITI-Siegels an?
 

Allmählich ja. Die S&P Sovereign Government Rating Methodology and Assumptions beinhalten beispielsweise einen „politischen Wert“. Dieser berücksichtigt  die „Transparenz und Verantwortlichkeit von Institutionen, Daten und Prozessen“, die letztendlich auf den wahrgenommenen Korruptionslevel des jeweiligen Landes einzahlt.  Und Fitch Ratings erhöhten das Rating von Aserbaidschan, weil es „das erste Land ist, das sich vollständig an die International Extractive Industries Initiative“ hält. Für uns bedeutet dies, dass eine Verpflichtung gegenüber EITI die Bonität eines Landes langfristig verbessern kann. Der Anstieg der Länder-Ratings spiegelt sich für Investoren bei den Staatsanleihen von EITI-Ländern in ihren festverzinslichen Portfolien wider. EITI kann außerdem die Aussichten für einen höheren Kapitalertrag von Unternehmen erhöhen, die in Teilnehmerländern tätig sind.
 

Sie sind Co-Leiter der Umwelt-, Sozial- und Governance-Aktivitäten (ESG) bei Allianz Global Investors. Abgesehen von Ihrem EITI Vorstandsmandat, zu welchen anderen Aktivitäten hat sich die AllianzGI verpflichtet?
 

AllianzGI nimmt weltweit an mehreren ESG Initiativen teil. Die umfassendste ist unsere Verpflichtung gegenüber den UN Principles for Responsible Investments (UN PRI), die erstmals im Jahr 2007 unterzeichnet wurden. Damit hat sich unser Unternehmen verpflichtet, ESG Faktoren entlang der gesamten Investitions-Wertekette zu integrieren. Beispielsweise arbeiten wir mit Politikern an einer besseren Integration von ESG Themen in aufsichtsrechtlichen Entwicklungen, wie transparenteren Finanzmärkten. Wenn es für alle börsennotierten Unternehmen ein gemeinsames ESG Reporting-Regelwerk gäbe, könnte sich das langfristig auf den Investitionserfolg auswirken. Dazu gehören auch unsere Verpflichtungen gegenüber EITI und die PRI-Initiative „Sustainable Stock Exchanges“.
 

Das ist also Ihr ESG Engagement bei den Aufsichtsbehörden. Aber was ist mit den Unternehmen, mit denen Sie zusammenarbeiten?
 

Was unser Engagement bezüglich Unternehmen betrifft, so versuchen wir in einigen Fällen verstärkt über den reinen Forschungsdialog hinauszugehen. Zur Verminderung von Risiken bestärken wir Unternehmen aktiv darin, ihre ESG Leistung zu verbessern und so ihren langfristigen geschäftlichen Erfolg zu sichern. Zu diesem Zweck nehmen wir beispielsweise aktiv an Arbeitsgruppen für Investoren teil, die Ziele verfolgen wie nachhaltiges Palmöl oder verbesserte Arbeitsbedingungen in Bangladesch nach den zahlreichen Katastrophen in dortigen Bekleidungsfabriken. Unser Engagement beruht auf der robusten, stringenten Forschungsarbeit unseres ESG Teams, das Bozena Jankowska und ich gemeinsam leiten. Bozena ist für die Forschung verantwortlich, ich kümmere mich um Engagement und Governance.

  Vorbehalt bei Zukunftsaussagen

Diese Aussagen stehen, wie immer, unter unserem Vorbehalt bei Zukunftsaussagen:

 

Disclaimer   Kontakt für Presse

Stefanie Waldeck
Allianz Global Investors
Tel.: +49.69.263-14670
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Nicolai Tewes
Allianz SE
Tel.: +49.89.3800-4511
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  Mehr Informationen Homepage der EITI

Pressemitteilung Allianz ( Allianz SE
München, 11.10.2013 )

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