Bevölkerungsentwicklung bis 2033 – Indien und China werden abgehängt

Mitarbeiter, die nur noch arbeiten, wenn sie Lust dazu haben, und Ingenieure, die unsere Wohnzimmerlampen durch leuchtende Wände ersetzen. Im Interview mit allianz.com zeichnet Dr. Deville,  Organisator des Berliner Demografie Forums und Leiter der Allianz-Repräsentanz in Berlin, ein Bild von unserer Welt in 20 Jahren. Er verrät auch, welche Region schon bald Indien und China in Sachen Bevölkerung abhängen wird.

 

Allianz SE
München, 12.11.2013

Dr. Volker Deville, Organisator des Berliner Demografie Forums und Leiter der Allianz-Repräsentanz in Berlin: „Ich kenne keinen Staat, der uns Zukunftslösungen in allen Bereichen vorlebt. Aber es gibt Staaten, die einzelne Probleme vorbildlich gelöst haben. Hier ist ein internationaler Austausch gefragt, wie wir ihn beim Berliner Demografie Forum als Plattform anbieten.“

Vor knapp zwei Jahren (31.10.2011) wurde der siebenmilliardste Mensch geboren. Wo wird der Zähler denn in 20 Jahren stehen? Und wo wird dieser Mensch aller Wahrscheinlichkeit nach geboren werden?
 

Im Jahr 2033 werden wir uns die Erde mit 8,6 Milliarden Menschen teilen. Leben heute noch in China und Indien die meisten Menschen, wird 2033 Afrika die bevölkerungsreichste Region mit 1,7 Milliarden Bewohnern sein. Indien und China werden dagegen nur je 1,5 Milliarden zählen. Ich gehe davon aus, dass dieser 8,6 milliardste Mensch in Nigeria geboren wird. 
 

In was für eine Familie wird dieses Baby geboren? Hat es Geschwister?
 

Wenn dieses Mädchen oder dieser Junge in Nigeria geboren wird, kommt der 8,6 milliardste Erdenbürger in einer Großfamilie zur Welt. Da die Lebenserwartung steigt, leben in dieser Familie wahrscheinlich auch mehrere Generationen. Also nicht nur Kinder und Eltern, sondern auch Großeltern wird es in dieser Familie geben. Das Baby wird Geschwister haben, nicht mehr fünf oder sieben, sondern eher ein oder zwei. Die afrikanische Familie in 20 Jahren wird mehr so aussehen wie die europäischen Familien vor 20 Jahren. In Europa werden die Familien dann ganz anders, viel bunter, sein. Ein Beispiel: Unterschiedliche Elternpaare leben hier in Familien zusammen mit mehreren Kindern unterschiedlicher Partner, dazu noch eine verwitwete Großtante, deren Kinder schon aus dem Haus sind. Also die herkömmliche Familie mit Mutter, Vater und zwei Kindern, wird in Europa seltener.
 

Wird es nicht eher mehr geförderten Wohnraum geben müssen, weil die ältere Großtante dann weniger Geld hat und sich keine Wohnung mehr leisten kann?
 

Die Altersarmut wird eine Gefahr für unsere Gesellschaft in Europa. Das gilt auch für das reiche Deutschland, wenn wir unsere staatlichen und privaten Sozialversicherungssysteme nicht rechtzeitig entsprechend anpassen. Sonst wird der Staat in 20 Jahren mehr unterstützen müssen, und da ist geförderter Wohnraum eine der dann notwendigen Maßnahmen.
 

Wird es noch eine staatliche Rente geben?
 

Auf jeden Fall, die drei Säulen staatliche, betriebliche und private Rente wird es nach wie vor geben. Gleich einem Hocker, der drei Beine hat, damit er stabil steht, so braucht man auch für die Altersvorsorge diese drei Bestandteile. Dazu wird eine vierte Säule kommen: Wir arbeiten etwas länger. Wenn wir uns fit fühlen für die Arbeit oder für eine neue Arbeit, werden wir auch mit 70 noch arbeiten dürfen.

Schon heute zählt Kairo über 16 Millionen Einwohner und ist somit die größte Metropola Afrikas.

Mit 35 Millionen Einwohnern ist die Metropolregion Tokio die größte Megacity weltweit.

Aktuell sehen wir einen Trend im Zuzug in die Großstädte. Dabei leben Singles in der Innenstadt. Familien bevölkern die Vorstädte und vorgelagerte Dörfer, die dann selbst verstädtern. Hält dieser Trend an?
 

Dieser Trend wird sich in den kommenden Jahren noch fortsetzen. Familien mit Kindern brauchen Platz. Die City-Wohnungen sind relativ teuer, da kann man sich ein Haus mit Garten gar nicht leisten. In 20 Jahren jedoch macht sich der demografische Wandel schon bemerkbar, wir werden weniger sein. Möglicherweise kehrt sich dieser Trend dann um. Dann ist wieder mehr Platz in den Städten, Familien und Kinder könnten wieder in die Städte zurückkehren. Wir können den demografischen Wandel hier als Chance begreifen.
 

Wird es noch eine Steigerung der Megacity geben?
 

Nein. Eine Megacity ist ein Gebiet, das so groß und komplex ist wie ein kleiner, eigener Staat. Die Megacity wird mehr und mehr zum Staat, aber das ist keine neue Entwicklung.
 

Wird es im Auftreten dieser Cities dann einen Unterschied geben?
 

London, Paris oder Mexico treten ja heute schon anders als gewöhnliche Millionenstädte auf. Megacities vergleichen sich untereinander und tauschen sich auch heute schon über Ländergrenzen hinweg aus, weil sie vergleichbare Probleme haben. Diese Städte müssen unabhängig von dem funktionieren, was der Staat macht, ihre Themen können häufig auf Bundesebene nicht gelöst werden. Dazuzulernen ist besonders interessant für Megacities wie Kalkutta oder Khartum, die zwar über eine hohe Einwohnerzahl verfügen, die aber noch nicht über etablierte Strukturen wie in London oder dem deutschen Ruhrgebiet verfügen.
 

Gibt es kleine oder große Staaten auf unserem Planeten, die uns künftige Entwicklungen bereits voraushaben?
 

Ich kenne keinen Staat, der uns Zukunftslösungen in allen Bereichen vorlebt. Aber es gibt Staaten, die einzelne Probleme vorbildlich gelöst haben. Hier ist ein internationaler Austausch gefragt, wie wir ihn beim Berliner Demografie Forum als Plattform anbieten. Regierungen und Wissenschaftler treffen dort zum Austausch ihrer besten Ideen aufeinander. Ein Beispiel: In Dänemark erhält jeder Bürger einmal jährlich eine Seite mit Infos, aus welchen unterschiedlichen Quellen er im Alter seine Rente bezieht und wie viel das insgesamt sein wird. Auch in Deutschland fordern das viele Stimmen, aber aus Datenschutzgründen war es nicht möglich, das zusammenzuführen. Aber auch wir wollen dem Bürger sagen, was er zu erwarten hat und ob er richtig vorgesorgt hat.

Bio-Ingenieur –  Ein Beruf der Zukunft?

Wie werden wir arbeiten? Jeder von zu Hause aus?
 

Wir befinden uns 2033 mittendrin im Wandel. Die Abgrenzung zwischen Arbeits- und Privatleben wird fließender. Das betrifft den Arbeitsplatz genauso wie die Arbeitszeit. Mehr zählt der persönliche Kontakt zu den Kollegen: Arbeit wird mehr zu einem Ort, an dem man seine Kollegen trifft, denn ohne den persönlichen Austausch entstehen keine Ideen und Lösungen. Und: Wir werden eher dann arbeiten, wenn wir Lust haben und wo wir Lust dazu haben. Wichtiger sind Ergebnisse und Termine, die für Projekte eingehalten werden, nicht die Anwesenheit an einem bestimmten Ort.
 

Diese Flexibilität gilt im Übrigen auch für die Arbeit im Ausland. Die einmalige Entsendung ins Ausland ist seit langem Vergangenheit, eine internationale Versetzung wird sehr viel selbstverständlicher sein, zu den unterschiedlichsten Orten der Erde, mal nur kurz, mal für eine längere Zeit.
 

Die Arbeitslosenquote bei Einwanderern zeigt einen Trend: Die Quote bei den Zuwanderern aus Nicht-EU-Mitgliedsstaaten liegt doppelt so hoch wie die von Zuwanderern aus EU-Mitgliedsstaaten. Ist das nicht ein Trend gegen die eben genannte Mobilität und die damit verbundene Integration?
 

Das lässt sich pauschal nicht beantworten. So sind in Deutschland in den 50er Jahren Bergarbeiter und Krankenschwestern aus Korea eingewandert. Diese haben sich sehr schnell integriert, schneller als mancher Europäer. Koreanische und deutsch-koreanische Familien zeigen dies. Das hängt stark von der Einwanderer-Kultur ab, aber auch von den Förderprogrammen im Land selbst und der Ausbildung der Zuwanderer, die bei den nächsten Generationen zunehmen wird.
 

Noch eine abschließende Frage zum Thema Arbeit: Welche neuen Berufe wird es geben?
 

Spannende Berufe warten auf uns, ich will Ihnen drei Beispiele nennen: Der Nanomediziner, der Datengräber und der Bio-Ingenieur.
 

Der Nanomediziner wird auf molekularer Ebene impfen und Gewebe des Menschen reparieren. Der Datengräber sucht Daten als Rohstoff und bringt sie in neuer Form zusammen, um sie für Dienstleistungen nutzbar zu machen. Bio-Ingenieure könnten zum Beispiel Lampen im Haus durch leuchtende Wände ersetzen. Die Wand wird mit einer speziellen Algen- oder Pilzart verkleidet, die nachts leuchtet, und der Bio-Ingenieur sorgt dafür, dass diese Pflanze richtig wächst, leuchtet und vor allem nicht giftig ist.

  Vorbehalt bei Zukunftsaussagen

Diese Aussagen stehen, wie immer, unter unserem Vorbehalt bei Zukunftsaussagen:

 

Disclaimer   Kontakt für Presse

Petra Brandes
Allianz SE
Tel. +49.89.3800-18797
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Pressemitteilung Allianz ( Allianz SE
München, 12.11.2013 )

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